Musk schickt Twitter auf Talfahrt
Die Ankündigung, dass Twitter-Käufer Elon Musk eine Prüfung über die Anzahl von Fake-Accounts abwarten will, hat die Aktie abrutschen lassen. Auch die Finanzierung des Deals macht Musk Probleme.
Elon Musk hat ein Talent dafür, mit seinen Aussagen den Kurs von Aktien zu beeinflussen. So geschehen ist das schon mehrmals, wenn er über seinen E-Auto-Konzern Tesla getwittert hat. So geschehen ist es auch bei den Kryptoeinheiten Bitcoin und Dogecoin. Und jetzt passiert es schon wieder – mit der Aktie von Twitter.
Um fast ein Viertel ist der Kurs der Twitter-Aktien am Freitag vorbörslich eingebrochen und hatte bei 34,50 Dollar einen Boden gefunden. Grund für die Kursturbulenz war die Aussage von Musk, die Übernahme des Portals für Kurzmitteilungen vorläufig auszusetzen. Er wolle Berechnungen abwarten, ob Accounts, hinter denen keine echten Nutzer stecken, tatsächlich weniger als fünf Prozent ausmachen, teilte Musk mit – selbstverständlich via Twitter.
Zur Eröffnung der Wall Street hatte sich die Lage etwas beruhigt. Denn der Tesla-Chef legte nach, dass er an der Twitter-Übernahme weiter interessiert sei. Die Aktien erholten sich auf rund 40 Dollar.
Damit notieren Twitter-Papiere aktuell aber weit weg von jenen 54,20 Dollar je Aktie, die Musk den Aktionären in Aussicht gestellt hatte. Bereits am Donnerstag war das Papier mit 45,08 Dollar aus dem Handel gegangen – Investoren werteten das als Zeichen der Skepsis, ob Musk den Deal durchzieht.
Twitter selbst hatte die Schätzung über die Fake-Accounts zu Beginn der Woche veröffentlicht. Dass es bei Twitter solche Konten gibt, dürfte keine Überraschung für Musk gewesen sein. Denn er hatte als eines seiner Ziele für den Twitter-Kauf erklärt, er wolle Profile, die etwa zum Versenden von SpamNachrichten eingesetzt werden, von der Plattform verbannen.
Ob Musk den Vorwurf, Twitter habe ungenaue Angaben zur Zahl der gefälschten Accounts gemacht, für einen Ausstieg aus dem Deal oder eine Absenkung seines Gebots nutzen könnte, ist unklar. Er hatte auf die übliche Prüfung der TwitterBücher (Due Diligence) vor der Vereinbarung verzichtet.
Twitter und Musk vereinbarten zwar eine Strafe von jeweils einer Milliarde Dollar für den Fall, dass eine der Seiten den Deal aufkündigen sollte. Doch Experten gingen nicht davon aus, dass dies bedeutet, Musk könne sich einfach ohne Begründung umentscheiden und mit einer Milliarde Dollar aus dem Schneider sein.
Der Tesla-Chef hatte sich mit dem Twitter-Verwaltungsrat auf einen rund 44 Milliarden Dollar (42 Milliarden Euro) schweren Deal geeinigt. Er ist aber noch darauf angewiesen, dass ihm genug Aktionäre ihre Anteile abtreten wollen. Die Übernahme soll bis Jahresende abgeschlossen sein. Musk kaufte in den vergangenen Monaten bereits einen Anteil von gut neun Prozent an Twitter.
Schwierige Finanzierung
Probleme gibt es auch bei der Fianzierung. Musk wollte ursprünglich für rund zwölf Milliarden Dollar des Kaufpreises Kredite aufnehmen, die mit seinen Tesla-Aktien besichert wären. Aber nachdem der Kurs der Tesla-Aktie von zuvor rund 1000 Dollar auf zuletzt nur noch 728 Dollar abgesackt war, wurde dieser Plan zunehmend ungünstig für ihn. Der Finanzdienst Bloomberg berichtete zuletzt, Musk suche nach anderen Finanzierungswegen anstelle des mit Aktien besicherten Kredits.
Bevor noch klar ist, wie es mit Twitter weitergeht, mussten bereits zwei hochrangige Führungskräfte gehen, teilt Twitter-Chef Parag Agrawal mit. „Wir müssen uns weiterhin Gedanken über unsere Teams, Einstellungen und Kosten machen“, so Agrawal. Er begründet die Entscheidung damit, dass Twitter nicht in der Lage war, seine Wachstumsziele zu erreichen. Das Unternehmen strebte bis Ende 2023 einen Jahresumsatz von 7,5 Milliarden Dollar und 315 Millionen tägliche Nutzer an, zog diese Ziele aber jüngst zurück. (dpa, bpf)