Wiener Höhenflug
Der BC Vienna dominiert mit dickem Budget Österreichs Basketball fast nach Belieben. Die Liebe der Fans muss sich der Klub aus Favoriten erst verdienen.
Der Parkettboden ist sauber gewischt, die weißen Tischtücher glänzen auf den VIP-Tischen, keine Sprossenwand in Sicht, kein verstaubtes Turnsaal-Feeling. Der Hallmann Dome am Wienerberg in Favoriten ist eine schmucke Sporthalle. Und er ist die Heimat des BC Vienna, Österreichs zurzeit mit Abstand bester Basketballmannschaft. Nur zwei Niederlagen setzte es im Grunddurchgang der Superliga (BSL), das gab es in der modernen Ära der Liga noch nie. Im Februar wurde der Cupsieg gefeiert, aktuell wird Gegner Graz im Playoff-Halbfinale regelrecht gedemütigt.
Die Wiener sind quasi die Harlem Globetrotters des österreichischen Basketballs, nur mit dem Unterschied, dass die Show nicht gespielt ist, die Konkurrenz wird im Ernst zerlegt. „Wir lehnen uns nicht zurück, wollen mit harter Arbeit überzeugen, ohne Ausflüchte und ohne Arroganz“, sagt Petar Stazic. Der 42Jährige gibt den General Manager, gemeinsam mit seinem Bruder, ExNationalteamspieler Stjepan Stazic, leitet er die Geschicke des Vereins. Dass Wien wieder Basketballhauptstadt ist, hat sich außerhalb Favoritens noch nicht herumgesprochen. Etwas mehr als tausend Plätze bietet der Hallmann Dome, die Tribünen
sind bei Spielen des BC Vienna meist spärlich besetzt.
Fragt man beim österreichischen Basketballverband (ÖBV) nach dem BC Vienna, hört man viele lobende Worte. Ein Spitzenteam hebt das Niveau der Liga, zwinge die Konkurrenz dazu, sich zu verbessern. „Im Fußball hat Salzburg den Weg vorgegeben. Davon profitiert der gesamte österreichische Fußball“, sagt Johannes Wiesmann, ÖBV-Generalsekretär. Der Kader ist gespickt mit Nationalteamspielern, allein drei davon aus Österreich. Mit Aramis Naglic dirigiert eine kroatische Basketball-Legende an der Seitenlinie. Das kostet Geld. Das siebenstellige Budget der Wiener ist doppelt so hoch wie das von Konkurrenten wie Kapfenberg oder Gmunden, die bei etwa 700.000 Euro liegen.
Der Aufstieg
2010 hatten die Stazic-Brüder, Wiener mit serbischen (Mutter) wie kroatischen Wurzeln (Vater), den Klub übernommen. Zuvor war Basketball in Wien in der Versenkung verschwunden, der letzte Titel lag zwei Jahrzehnte zurück. Der Aufstieg des BC Vienna begann 2011 am SPÖ-Kanzlerfest in Altmannsdorf, wo sich die Stazic-Brüder den serbischen Millionär Philip Zepter als
Sponsor angelten. 2013 folgte der Meistertitel und zwei Jahre später der Einstieg von Immobilien-Investor Klemens Hallmann, der mittlerweile aber nur mehr die Halle und den Nachwuchs finanziert. Erster Gönner ist seit vergangenem Sommer Goldhändler Helmut Kaltenegger mit seiner Firma GGMT. Der 56jährige Steirer, der mehr als 20 Jahre lang Staubsauger verkaufte, handelt mit rabattiertem Gold aus Guyana und ist zufällig auch der Nachbar von Klemens Hallmann im 18. Bezirk. „Es kann ja nicht sein, dass
irgendwelche Bergdörfer besser sind als die Bundeshauptstadt“, sagte Kaltenegger vor kurzem zur Kronen Zeitung. Seit den Nullerjahren ist Basketball in den Randregionen dominant, in Kapfenberg, Gmunden, Oberwart. Dabei war Wien lange Zeit Basketballbastion. Der Sport ist von der Bundeshauptstadt aus gewachsen, in der 1947 gegründeten ALiga wurden bis in die 70er-Jahre nur Wiener Vereine Meister. Seit der Jahrtausendwende gab es nur mehr einen Titel. Der zweite folgt in dieser Saison, sofern sich kein Spieler verletzt.
„Weil du nicht scheitern darfst, bleibt es eine große Herausforderung“, sagt ÖBV-Teamspieler Enis Murati. Der 33-jährige gebürtige Kosovare wechselte als bester Spieler der Liga nach der vergangenen Saison von Meister Gmunden nach Wien. Am Traunsee war Murati ein Star, beim BC Vienna ist er einer von vielen. „Sein eigenes Ego zurückzunehmen ist nicht leicht. Im Spiel musst du immer schauen, bei wem es gerade gut läuft, und derjenige bekommt den Ball“, sagt Murati.
Der BC Vienna hat die beste Wurfquote bei Zweiern (60 Prozent) und Dreiern (38), 89 Punkte pro Partie sind ebenso Liga-Spitze. Bei individuellen Statistiken ist kein Wiener
vorne. „Das macht unseren Erfolg umso schöner, weil es zeigt, dass die Teamchemie passt“, sagt Stazic.
Kein Neid
Dass niemand dem anderen Punkte neidig ist, dafür sorgt Trainer Naglic. Der 57-jährige Kroate gewann als Spieler Anfang der 90erJahre mit Jugoplastika Split den Europapokal der Landesmeister. Jugoplastika, das waren damals quasi die Beatles von Jugoslawien. 1992 spielte der 2,03 Meter große Naglic mit Kroatien gegen das US-DreamTeam bei den Olympischen Spielen in Barcelona. Die Kroaten führten gegen Michael Jordan und Kollegen sogar kurzzeitig, verloren aber dann doch mit 85:117.
Die Gegenwart für Naglic heißt Basketball in Österreich. „Ich sehe hier zu viel Zufriedenheit mit dem Status quo, wir müssen aus der eigenen Komfortzone herauskommen.“Positiv: Die BSL hat mit einem Wettanbieter einen neuen Liga-Sponsor, nach dem Ausstieg von Sky mit Saisonende werden Spiele vermehrt auf ORF und laola1.at zu sehen sein.
Die Liga finalisiert ab 22. Mai, auf BC Vienna warten die Oberwart Gunners oder Titelverteidiger Swans Gmunden.