Olympiade des Vokalen
Den Freunden der Vokalmusik offeriert das Wiener Konzerthaus in der Saison 2022/23 gleich vier Aboreihen, die von großen Chorwerken mit Orchester bis zum Lied alle Stückln spielen und Stars präsentieren.
Singen tut gut: Der Körpertonus steigt, die Lungen füllen und die Wangen röten sich. Und aus der Kehle strömt das Innerste der Seele. Doch nicht nur das aktive Singen zeitigt positive Nebenwirkungen, auch der passive Genuss von Gesang wirkt auf ein welkes, alltagsgraues Gemüt oft wie eine labende Speise, ja fast wie Medizin.
Das weiß man auch in der Dramaturgie des Wiener Konzerthauses. Stets um das Wohlergehen seines Publikums bemüht, wurden dort vier Zyklen ersonnen, in denen Freundinnen und Freunde der Vokalmusik Erquickung und Erbauung erleben können.
Das Prunkstück, das Ass dieses Aboquartetts, stellt wohl die Reihe „VokalKlang“dar. An fünf Abenden können im Großen Saal des Konzerthauses Höhepunkte der Chormusik von der Barockzeit bis zur Moderne genossen werden. Einen tragenden Pfeiler in diesem fünfteiligen Zyklus stellt die Wiener Singakademie dar. Die erste gemischte Chorvereinigung Wiens, anno 1858 gegründet, wird seit bald einem Vierteljahrhundert von Heinz Ferlesch geleitet.
Der mitgliederstarke Laienchor wird in der Saison 2022/23 seine Vielseitigkeit unter Beweis stellen müssen: Im ersten Konzert etwa steht Romantisches an, und zwar das Schicksalslied und die Nänie von Johannes Brahms. Die vertonten Gedichte von Hölderlin und
Schiller thematisieren die Ungewissheit und die Vergänglichkeit alles Schönen sowie die der menschlichen Existenz. Das Orchestre symphonique de Montréal wird danach unter der Leitung von Rafael Payare Mahlers fünfte Symphonie interpretieren, die mit dem Adagietto eine der schönsten Liebesbezeugungen der Orchesterliteratur bereithält (24. 10. 22).
Ein Original kommt
Mit Georg Friedrich Händels Messiah steht dann eines der populärsten Barockoratorien auf dem Programm. Heinz Ferlesch wird hier neben der Singakademie auch das von ihm gegründete Originalklangorchester Barucco leiten: ein hausgemachter Wiener Messias, sozusagen (10. 12. 22). Und im März nächsten Jahres musiziert die Singakademie dann zusammen mit dem ORF RSO Wien unter der Leitung von Nicholas Collon.
Der britische Dirigent, nicht zuletzt mit seinem Aurora Orchestra gefeiert, wird Edward
Elgars Oratorium The Dream of Gerontius zur Aufführung bringen (2. 3. 23).
Neben dem Messiah wird im Zyklus „VokalKlang“noch ein zweites Händel-Oratorium angeboten: Das Concerto Copengent hagen gibt (Leitung: Lars Ulrik Mortensen) La resurrezione. Das frühe Auferstehungsoratorium stellt gleichzeitig auch den positiven Schlusspunkt des Alte-Musik-Festivals Resonanzen dar, das sich 2023 der Unterwelt widmet (29. 1. 23).
Eine außergewöhnliche Unternehmung beschließt die Reihe: Die Wiener Philharmoniker wagen mit Bachs Matthäuspassion eine Tour auf den Olymp geistlicher Barockmusik. Als Expeditionsleiter fungiert Dirigent Franz Welser-Möst: mal eine Abwechslung nach dem vielen Richard Strauss, den man zusammen interpretiert hat.
Das Orchester soll sich auf die Reise in das entlegene Repertoiregefilde dem Vernehmen nach durchaus freuen (1. 4. 23). Bei der 15. Auflage des Zyklus „Bach-Kantaten“sind aber einige Kapazunder dabei, die Ähnliches wag(t)en: Ton Koopman etwa, der mit den Wiener Symphonikern und dem Schönberg-Chor Bachs Weihnachtsoratorium aufführen wird, oder Rudolf Lutz mit dem Orchester der in der Schweiz beheimateten J.-S.Bach-Stiftung.
Den weitesten Anreiseweg haben in diesem Zyklus das Bach Collegium Japan und Diri
Masaaki Suzuki; für Lokalkolorit sorgen Michi Gaigg und das L’Orfeo Barockorchester.
Seit 2014 hat die Company of Music einen Zyklus im Konzerthaus. In der Saison 2022/23 erfreut das hochkarätige Vokalensemble unter der Leitung von Johannes Hiemetsberger mit dreierlei: Eingebettet in eine kleine Schubertiade, werden unter dem Titel „Herzgedanken“fünf Rückert-Lieder von Gustav Mahler in einer zwölfstimmigen Bearbeitung von Lukas Haselböck präsentiert. Es folgt die Missa Bruxellensis von Heinrich Ignaz Biber; mit Ligetis Lux aeterna sowie noch nie gehörten Vokalwerken des ungarischen Meisters wird finalisiert.
Gesunden durch Töne
Gast im Zyklus „Company of Music“ist das Vokalensemble Chanticleer. Und beim siebenteiligen Zyklus „Lied“? Da gibt es Highlights wie den Rachmaninow-Abend von Asmik Grigorian, ungewöhnliche Paarbildungen wie die von Tenor Ian Bostridge und Jazzpianist Brad Mehldau, einen Goethe-Abend mit Tenor Christoph Prégardien und Schauspieler Udo Samel oder einen Abend mit Ensembleliedern von Franz Schubert. Christian Gerhaher singt auch. An all diesen schönen Tönen gesundet das Gemüt sicher augenblicklich.
Tickets: Telefon: +43 1 242 002; Telefax: +43 1 242 00-110; E-Mail: ticket@konzerthaus.at
Singen tut gut: Der Körpertonus steigt, die Lungen füllen und die Wangen röten sich.