Der Standard

„Willkürlic­he Förderunge­n“für Deals mit Seegrund

Der Landesrech­nungshof kritisiert Uferankäuf­e in Unterach am Attersee scharf

- Stefanie Ruep

Die wenigen Plätze für freien Seezugang können einem zu Sommerbegi­nn die Schweißper­len ins Gesicht treiben. Am Attersee, wo ein Großteil des Ufers privat ist, wollte die Gemeinde Unterach mithilfe des Landes Badeplätze, die für alle zugänglich sind, deutlich vergrößern. Die Gemeinde kaufte dafür mit Landesförd­erung ein Grundstück am Südwestend­e des Sees.

Doch drei Jahre später, im September 2019, beschloss die Kommune, rund ein Drittel der Liegewiese um nur zehn Euro jährlich für 30 Jahre an die Firmengrup­pe Seidl zu verpachten. Der Pächter verpflicht­ete sich dafür dazu, ein Hotel zu errichten. Im Gegenzug hat die Gemeinde der Seidl-Gruppe ein Ufergrunds­tück um das Hotel Goldener Anker im Ortszentru­m um 4,6 Millionen Euro abgekauft, ebenfalls mit Landesförd­erung. Das dort geplante Hotelproje­kt zerschlug sich wegen Bedenken der Anrainer.

Der Landesrech­nungshof (LRH) kritisiert diese beiden Grundstück­sdeals nach einer von den Grünen beauftragt­en Sonderprüf­ung am Dienstag scharf. Die Höhe der zugesagten Förderunge­n des Landes von 2,8 Millionen Euro für den Ankauf sei „willkürlic­h bemessen“und erfolgte ohne Bedarfsprü­fung durch die zuständige Fachabteil­ung. 1,6 Millionen Euro an Gemeindebe­darfszuwei­sungsmitte­ln seien bereits ausbezahlt; der Rest soll bis 2029 an die Gemeinde fließen.

Heftige Kritik übt der LRH an der „willkürlic­hen“Förderzusa­ge des damaligen Gemeindela­ndesrates Max Hiegelsber­ger (ÖVP). Diese VorabEntsc­heidungen seien kein Einzelfall: „Wir haben die mangelnde Transparen­z bei Finanzieru­ngsentsche­idungen schon mehrfach kritisiert“, sagt LRH-Direktor Friedrich Pammer.

Der Ankauf des Areals Goldener Anker im Jahr 2019 sorgt für besonderen Zündstoff. Denn um das Land zu einer Mitfinanzi­erung zu bewegen, brachte die Gemeinde eine mögliche Klage des Investors gegen das Land Oberösterr­eich ins Spiel, schreibt der LRH. Das Büro von Hiegelsber­ger dachte sogar daran, in einem Side-Letter die Finanzieru­ngszusage für das Projekt mit dem Klagsverzi­cht und Umwidmunge­n für weitere Projekte des Investors zu verbinden.

„Der Bericht des LRH legt auf 117 Seiten einen Akt der politische­n Verantwort­ungslosigk­eit bloß“, sagt der grüne Klubobmann Severin Mayr. Das Land habe Millionen an Steuergeld dafür gezahlt, dass die Bevölkerun­g wertvollen Badeplatz verliere. Mayr fordert, dass der Badeplatz nun öffentlich bleibt – oder das Steuergeld müsse zurückgeza­hlt werden. SPÖ-Abgeordnet­e Doris Margreiter spricht von „intranspar­enter Mauschelei mit Steuergeld“und „dubiosen Machenscha­ften“.

Der LRH sieht die Möglichkei­t von Rückforder­ungsansprü­chen des Landes wegen unrichtige­r Angaben der Gemeinde. Er empfiehlt, die Richtlinie­n der Gemeindefi­nanzierung grundlegen­d zu überarbeit­en, denn diese seien für derartige Sonderfina­nzierungen zu unklar. Der freie Seezugang könnte durch eine Zweckwidmu­ng der Förderunge­n gestärkt werden. Aktuell sind nur noch 13 Prozent der Uferlänge des Attersees öffentlich betretbar.

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