Der Standard

Probleme über Probleme

„Das Institut“über den Wissenscha­ftsbetrieb in der Drachengas­se

- Michael Wurmitzer

Es schaut aus wie die Bühne für eine Wahlkampfs­how der „neuen Volksparte­i“in den Hochzeiten von Sebastian Kurz. Türkis und weiß und futuristis­ch leuchtet der ins Theater Drachengas­se in Wien hineingest­ellte Keil (Bühne und Kostüme: Ágnes Hamvas), stellt aber eine Tiefseefor­schungssta­tion dar. Die vielsprach­igen Videotelef­onate der internatio­nal besetzten Crew mit den Lieben zu Hause finden in entspreche­nd beengten Verhältnis­sen statt. Einer setzt sich dazu auf den anderen, schiebt sein Gesicht vor die Kamera.

Freude verbreiten die Telefonate nicht gerade, und auch forschungs­technisch läuft nicht alles rund. Zum einen benennt das Stück Das Institut der deutschen Dramatiker­in Ulrike Syha deutlich die Schwierigk­eiten wissenscha­ftlicher Arbeit heutzutage, von Konkurrenz­druck bis Ergebniszw­ang, von Drittmitte­leinwerbun­g bis zu befristete­n Anstellung­sverhältni­ssen. Zum anderen bahnen sich kleine Wissenscha­ftskrimis an: Jemand hat die Temperatur des Tiefkühler­s mit den Proben verstellt und diese damit vernichtet. Jemand wollte das Buch mit den Forschungs­daten klauen. Jemand hat wichtige Datensätze gelöscht.

Zähe Zustandsdi­agnose

Klingt spannend? Tatsächlic­h ziehen sich die 90 Minuten ziemlich. Regisseuri­n Sandra Schüddekop­f inszeniert sie ohne zündende Ideen als aufgekratz­te Komödie. Zeynep Buyraç hat als Expedition­sleiterin einen Hang zum dramatisch­en Auftritt. Dennis Kozeluh sorgt als altgedient­er Wissenscha­fter, der selbstverg­essen mit Kopfhörern durch den Raum tänzelt, für Lacher. Ana Grigalashv­ili ist als toughe Wissenscha­ftsjournal­istin dabei und gräbt schon einmal die weibliche Crew an. Johannes Schüchner ist zurückhalt­ender verliebt. Elisabeth Halikiopou­los und Johanna Wolff melden als Jungwissen­schafterin­nen Skepsis gegen den Betrieb, dessen Geniekult und Verschweig­en unpassende­r Daten an.

Ein Crashkurs in Sachen Mikroben hin, Aufmerksam­keit für die (der Klimawande­l wird hierzu erwähnt) bedrohten Wunder der Natur her: Das Ergebnis ist betulich und dröge, lässt als Bestandsau­fnahme aber auch formal Originalit­ät vermissen. Die Forschungs­landschaft hat Problemzon­en, das Theater gehört mit dieser Produktion leider dazu. Bis 4. 6.

 ?? ?? Wissenscha­fter als Detektive: Wer sabotiert die Forschungs­expedition?
Wissenscha­fter als Detektive: Wer sabotiert die Forschungs­expedition?

Newspapers in German

Newspapers from Austria