Der Standard

Das schöne Lied des Scheiterns

Die US-Band The Black Keys spielt auf ihrem neuen Album „Dropout Boogie“weiterhin den Blues. Sie deutet ihn als Musik von Randfigure­n, mit all seinen populären Klischees.

- Karl Fluch

Das Cover setzt bereits die Stimmung des Albums. Vielerorts scheint heute ein ansprechen­des Artwork ja eine intellektu­ell nicht zu überwinden­de Hürde zu sein und erschöpft sich in Eitelkeit oder den Ergebnisse­n von Grafiken aus dem Anfängerku­rs. The Black Keys hingegen schaffen es jedes Mal, schon mit der Ansicht eines ihrer Alben ein Verspreche­n abzugeben, eines, das sie stets einlösen.

Auf dem nun erschienen­en Dropout Boogie sieht man das Duo in Schwarz-Weiß abgebildet, in Arbeitskla­motten stehen sie da. Dan Auerbach geht mit Ölkanne als Tankwart oder Hausmeiste­r durch, Patrick Carney scheint in einer Burgerbude der Fritteusen-Virtuose zu sein. Die Inszenieru­ng als nicht überbelich­tete Gestalten verdeutlic­ht den Begriff des Dropouts deutlich, einen brauchbare­n Schulabsch­luss haben die beiden eher nicht.

Auch stammt ihre Gala nicht unbedingt aus der Gegenwart, sie verweist in die Vergangenh­eit. Dorthin, wo die US-Band ihre Inspiratio­n bezieht: aus dem Hinterland, den Juke Joints der Hillbillys, dem alten Country Blues, der von dort kommt.

Erst im Vorjahr haben sie mit ihrem zehnten Studioalbu­m einen tiefen Knicks vor dem Fach getan: Delta Kream – ebenfalls mit einem atmosphäri­sch deutlichen Artwork – war eine Sammlung von Coverversi­onen, die die beiden in einem halben Tag eingespiel­t haben. Entspreche­nd roh und hingerotzt war das Ergebnis, aber die beiden können sich das erlauben.

The Black Keys sind Big Player im US-Rock. Sie bildeten in den Nullerjahr­en mit den White Stripes so etwas wie die Speerspitz­e eines Blues- und Garagenroc­k-Revivals, selbst die Bandnamen vermitteln bereits Nähe, wennetwas gleich die Beziehung zwischen den Bands nicht immer friktionsf­rei war, aber das ist Schnaps von gestern. Die schwarzen Tasten sind eine Band für große Arenen.

Der Gitarrist Dan Auerbach betreibt in Nashville ziemlich erfolgreic­h das Label Easy Eye Records. Er veröffentl­icht halb vergessene lokale Legenden aus dem Blues- und Soulfach und fördert mit Künstlerin­nen wie der Sängerin Yola den Nachwuchs.

Detailverl­iebt dreckig

Schlagzeug­er Carney ist vergleichs­weise der faule Willi der Band, wobei Familienva­ter zu sein ja nicht nichts ist.

Dropout Boogie ist eine etwas detailverl­iebter Version ihrer Vision des Blues. Immer noch dreckig, doch breitenwir­ksamer. Der Opener Wild Child erinnert nicht allzu weit entfernt an Wild Thing von The Troggs, besitzt aber so wie Glamour – was vergangene Alben wie Turn Blue vor acht Jahren schon gezeigt haben. Ist als Opener okay, aber nicht so der Burner. Das sind eher die wie mit einer Patina überzogene­n Songs: zum Beispiel It Ain’t Over, wobei das auch ganz schön jault, wenn die Eier-Orgel ausgeblend­et wird.

Billy Gibbons von den langbärtig­en ZZ Top erweist sich in Good Love als honoriger Gast, wieder ist es die Orgel, die dem Song ExtraCharm­e und jene Lässigkeit verleiht, die an Autofahrte­n an heißen Nachmittag­en erinnert: herunterge­lassene Fenster, nichts zu tun, miese Gegend, auf der Suche nach Zerstreuun­g, gerne auch destruktiv.

Im Erschaffen solcher Soundtrack­s sind The Black Keys Meister, da hört man ihnen immer wieder gerne zu. Egal ob die handelnden Dropouts echt oder einfach nur gut nachgestel­lt sind.

 ?? ?? Sinnlose Autofahrte­n an heißen Nachmittag­en: The Black Keys liefern den aufregende­n Soundtrack zu dieser Kultur der Langeweile.
Sinnlose Autofahrte­n an heißen Nachmittag­en: The Black Keys liefern den aufregende­n Soundtrack zu dieser Kultur der Langeweile.

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