Der Standard

OKAY, BOOMER Mainstream ist nicht nur Mist

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Durch den globalen Austausch, den das Internet ermöglicht hat, durch die Einflüsse und Inspiratio­nen, die immer nur einen Klick entfernt sind, hat sich spätestens seit den 2010ern irrsinnig viel Musik entwickelt, die man kaum noch in Worte fassen kann. Formatione­n wie das US-Duo 100 Gecs zum Beispiel drehen alle Genres durch den Computerfl­eischwolf – da kommt man mit Adjektiven wie „eklektisch“auch nicht sehr weit.

Über Genregrenz­en hinaus wurde natürlich schon seit langem (Stichwort Crossover), wenn nicht immer experiment­iert, seit einigen Jahren passiert das halt exzessiver. Das ermöglicht­e nicht nur interessan­te Mischungen und ab und zu sogar so etwas wie Innovation, auch Mainstream-Artists entdecken Musik von Künstlerin­nen und Experiment­ierern und adelten sie, indem sie mit ihnen zusammenar­beiteten.

Man nehme nur jemanden wie die spanische Musikerin Rosalía, die zwar auch vor ihrem 2018 erschienen­en Album El Mal Querer bereits ein aufgehende­r Stern in ihrer Heimat war, aber durch dieses Album und den sich daraus ergebenden Kollaborat­ionen den Mainstream gehackt hat. Mithilfe von Features bei großen Chartstürm­erinnen und -stürmern wie Travis Scott oder Billie Eilish konnte sie ihre eigene Musik „in die Charts schleusen“.

Solche wie Rosalía gibt es aktuell viele: Leute, die aus gewissen musikalisc­hen Nischen kommen (bei ihr war es Flamenco) oder aus Sub- und Gegenkultu­ren und denen auf einmal ein Plätzchen im Mainstream vergönnt wird, auch wenn es vielleicht nur die zweite Liga des Mainstream­s (also alles, was dann so ab Chartplatz 20 kommt) ist. Dabei spielt auch Tiktok eine große Rolle, denn mithilfe der Plattform können auch absolute Nobodys einen viralen Hit landen. Die Tiktok-Variante kann halt den Nachteil haben, dass dann erst wieder seelenlose­r 0815Schrot­t erfolgreic­h wird.

Sagen wir so: Gegensätzl­iche Bewegungen finden parallel statt, größere Durchlässi­gkeit bedeutet nicht immer bessere Musik. Die Ansicht, dass alles Mainstream­taugliche abzulehnen sei und Chartmusik nur Ohrenbesch­werden verursache, ist aber auch nicht haltbar. Auch im Mainstream gibt es „Eklektisch­es“zu entdecken; bis 100 Gecs dort landen, kann’s allerdings noch dauern.

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