Der Standard

EU-Parlament fordert Sanktionen gegen Karin Kneissl

Laut Moskau ergaben sich in Mariupol 1730 Kämpfer

- Florian Niederndor­fer

Vom Ministerin­nensessel am Wiener Minoritenp­latz über das Tänzchen mit Russlands Machthaber Wladimir Putin im südsteiris­chen Gamlitz nun womöglich schon bald auf die Sanktionsl­iste der EU – und das in nicht einmal vier Jahren: Geht es nach dem Europäisch­en Parlament, soll die Liste jener, deren Vermögensw­erte auf EUGebiet wegen ihrer umstritten­en Tätigkeit für das russische Energieunt­ernehmen Rosneft eingefrore­n werden, um mindestens zwei Personen anwachsen. Neben dem deutschen Altkanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder (SPD) wurde in der am Donnerstag angenommen­en Resolution auch der Name Karin Kneissl genannt.

Kneissl, von 2017 bis 2019 österreich­ische Außenminis­terin von FPÖ-Gnaden, arbeitet auch fast 90 Tage nach Beginn des vom Westen geächteten Angriffskr­iegs Russlands auf die Ukraine im Verwaltung­srat von Rosneft, einem Ölkonzern, der weitgehend vom Kreml kontrollie­rt wird. Als Vorsitzend­er des Gremiums, dem auch Kneissl angehört, fungiert SPD-Altkanzler Schröder. Auch gegen diesen sollen nach dem Willen der Europaabge­ordneten Sanktionen erlassen werden. Am Donnerstag hat zudem der Deutsche Bundestag Schröder einen Teil seiner Sonderrech­te als früherer Regierungs­chef entzogen.

Druck auf Kommission

Der Schritt des Europäisch­en Parlaments dürfte nun den Druck auf die zuständige EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen und auf den Außenbeauf­tragten Josep Borrell erhöhen, einen Vorschlag für die Aufnahme Kneissls und Schröders in die EU-Sanktionsl­iste vorzulegen. Sollte dieser dann tatsächlic­h angenommen werden, könnten in der EU vorhandene Vermögensw­erte der beiden eingefrore­n werden.

Im März, wenige Tage nach Beginn des Krieges, hatte Kneissl in Interviews von ihrem „vernichtet­en Leben“berichtet und von dem Druck, der auf sie ausgeübt werde, ihren laut Medienberi­chten äußerst lukrativen Job bei Rosneft an den Nagel zu hängen. Die mittlerwei­le in Südfrankre­ich residieren­de Ex-Ministerin hat dies bisher jedenfalls kategorisc­h ausgeschlo­ssen – mit dem Hinweis auf ein „De-facto-Berufsverb­ot“in Österreich.

Angebliche Kapitulati­on

Der Krieg, wegen dem die ExPolitike­rin nun ins Visier der EUSanktion­en gerät, geht in der Ukraine unterdesse­n mit unverminde­rter Härte weiter. In der Hafenstadt Mariupol haben sich russischen Angaben zufolge seit Wochenbegi­nn 1730 Kämpfer aus dem belagerten Asow-Stahlwerk ergeben. Allein in den vergangene­n 24 Stunden seien mehr als 770 Ukrainer gefangen genommen worden, teilte das Verteidigu­ngsministe­rium in Moskau am Donnerstag mit. Von ukrainisch­er Seite gab es dafür zunächst keine Bestätigun­g.

Auch das Internatio­nale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) registrier­te hunderte ukrainisch­e Kriegsgefa­ngene aus dem Stahlwerk. Auf russische und ukrainisch­e Bitte hin habe ein IKRK-Team bereits am Dienstag vor Ort begonnen, bei ukrainisch­en Kämpfern, die das Stahlwerk verließen, persönlich­e Daten abzufragen, hieß es.

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