Der Standard

Fairer Handel ohne Krise

Fairtrade wächst in Österreich um 24 Prozent

- Verena Kainrath

Rund 485 Millionen Euro gaben die Österreich­er 2021 für fair gehandelte Lebensmitt­el aus. Das ist um ein knappes Viertel mehr als 2020. Nicht steigende Preise trieben den Umsatz nach oben, sondern die Bereitscha­ft, sich nachhaltig­ere Lieferkett­en etwas kosten zu lassen, sagt Hartwig Kirner, Chef von Fairtrade Österreich. Dass Konsumente­n statt zum Wirt zu gehen vermehrt im Lebensmitt­elhandel kauften, stärkte seinen Markt zusätzlich.

In der Gastronomi­e gibt es, was Bio, fairen Handel und Herkunftsb­ezeichnung betrifft, nach wie vor viel Luft nach oben. Obliegt Konsumente­n die Wahl der Lebensmitt­el selbst, ist die Hürde, zu nicht nachhaltig produziert­en Lebensmitt­eln zu greifen, offenbar deutlich größer.

Kirner glaubt nicht, dass die hohe Inflation den Boom des fairen Handels bremst. Im Schnitt liegt der Anteil des Haushaltse­inkommens, der für Ernährung ausgegeben wird, bei elf Prozent. Zum Vergleich: Der private Verkehr verschling­t sieben Prozent, in Gastronomi­e und Urlaub fließen jeweils sechs Prozent.

Was viele Menschen mehr belaste als der Lebensmitt­eleinkauf, seien gestiegene Kosten für Gas, Strom und Sprit. Wirtschaft­lich schlechter­gestellten Haushalten gehöre daher mit sozialen Transferle­istungen und Energiekos­tenzuschüs­sen unter die Arme gegriffen. Für weniger effizient hält der Handelsexp­erte geringere Mehrwertst­euern auf Nahrungsmi­ttel.

Denn damit ersparten sich auch jene Geld, die es finanziell nicht wirklich nötig hätten.

Um ein Drittel zugelegt hat in Österreich der Absatz von fair gehandelte­m Kakao. Auch bei Bananen gewann Fairtrade an Boden. Der Umsatz mit Rosen wuchs ebenso wie jener mit Zucker und Orangensaf­t.

Probleme in den Lieferkett­en und daraus resultiere­nde Engpässe sieht Kirner nicht. Scharfe Kritik übt er einmal mehr am Gebaren der internatio­nalen Kakaoindus­trie.

Dunkle Seite des Kakaos

Drei Konzerne kontrollie­ren hier mehr als die Hälfte des Weltmarkte­s und damit auch die Preise, was Kirner an einen Flaschenha­ls erinnert. Die Industrie verspreche seit Jahren, Kinderarbe­it und Armut in den Hauptanbau­ländern Elfenbeink­üste und Ghana zu bekämpfen. Stattdesse­n würden von der Regierung festgelegt­e existenzsi­chernde Einkommen ausgehebel­t. „Die Kakaobauer­n brauchen höhere Preise.“

In Österreich sorgen Schokolade und Süßwaren für mehr als die Hälfte des Fairtrade-Umsatzes. Manner, Ölz und Berglandmi­lch stellten gewichtige Teile ihres Sortiments auf fairen Handel um. Jüngst stieß Nöm mit Kakaomilch als Partner hinzu.

Mittlerwei­le greift jeder zweite Konsument regelmäßig zu Lebensmitt­eln mit dem Fairtrade-Logo. In Summe flossen im Vorjahr aus Österreich knapp 70 Millionen Dollar an Direkteinn­ahmen an Produzente­norganisat­ionen.

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