Schweigegeld für Räuber bringt Südafrikas Präsidenten ins Wanken
„Saubermann“Cyril Ramaphosa wurde auf seiner Farm womöglich um Millionen beraubt, vertuschte den Vorfall aber. Warum?
Wieder einmal wird Südafrika von einem Skandal erschüttert: Dieses Mal steht ausgerechnet der selbsternannte „Saubermann der Nation“, Staatspräsident Cyril Ramaphosa, im Zentrum des Geschehens.
Der 69-jährige ANC-Politiker, im Nebenamt ein passionierter Wildtierzüchter, soll im Februar vor zwei Jahren den Diebstahl von mehreren Millionen US-Dollar aus seiner privaten Lodge vertuscht haben: Dort waren die Banknoten offenbar in Sofakissen versteckt.
Statt den Diebstahl anzuzeigen, beauftragte Ramaphosa den Chef seines polizeilichen Personenschutzes, sich der Sache anzunehmen. Dieser soll zwei Verdächtige mehrere Tage lang eingesperrt und verhört haben. Selbst als die fünf Täter festzustehen schienen, wurden sie nicht angezeigt: Vielmehr sollen ihnen jeweils umgerechnet fast 10.000 Euro bezahlt worden sein, damit sie über den Vorgang Stillschweigen bewahren. Über Ramaphosas Motiv herrscht Rätselraten: Ihm Wohlgesinnte vermuten, es sei ihm peinlich gewesen, den Eindruck zu erwecken, in Geld zu schwimmen. Ramaphosa ist einer der reichsten Personen des Landes – was politische Gegner auch innerhalb der eigenen Partei gegen ihn verwenden.
Aufdecker mit Motiv?
Der Skandal wurde von Arthur Fraser, dem ehemaligen Geheimdienstchef des Landes, losgetreten. Er hat Ramaphosa Mitte vergangener Woche in einer Johannesburger Polizeistation angezeigt und ihm in einem ausführlichen Dossier Korruption, Geldwäsche sowie Kidnapping vorgeworfen. Fraser, der als enger Verbündeter des ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma gilt, sieht sich selbst schweren Vorwürfen ausgesetzt: In wenigen Tagen wird die Veröffentlichung des Berichts einer Untersuchungskommission erwartet, der den Ex-Geheimdienstchef aller Voraussicht nach der Veruntreuung von Steuergeldern und des Amtsmissbrauchs bezichtigen wird.
Fraser war eine zentrale Figur in Zumas korruptem Küchenkabinett, dessen Umtriebe den südafrikanischen Staat umgerechnet rund 100 Milliarden Euro gekostet haben sollen. Ramaphosas erklärtes Ziel ist es, die unter dem Titel „State Capture“bekannt gewordenen Machenschaften seines Vorgängers rückhaltlos aufklären zu lassen: Die Staatsanwaltschaft hat in diesem Zusammenhang bereits die ersten Anklagen erhoben. Am Pfingstmontag wurde auch die Verhaftung zweier Brüder der indischen Gupta-Familie in Dubai bekannt, die in die Korruption verwickelt sein sollen.
Dass die Vorwürfe Frasers nicht aus der Luft gegriffen sind, hat Ramaphosa bereits eingeräumt. Er bestätigte den Diebstahl in seinem Wildreservat – doch dabei sei „wesentlich weniger“als von Fraser behauptet gestohlen worden. Wie viel genau, gab er bislang nicht bekannt. Den Umstand, größere Mengen an ausländischer Währung besessen zu haben, erklärte der Präsident mit den üblichen Dollar-Transaktionen bei der Versteigerung von Wildtieren.
Nach hiesigem Recht muss der Besitz von Fremdwährung binnen weniger Tage der Zentralbank gemeldet und Einkünfte aus dem Verkauf von Wildtieren versteuert werden. Ob dies geschah, steht bislang ebenfalls nicht fest.
Nicht geäußert hat sich Ramaphosa bisher zum Vorwurf, dass der Chef seines Polizeischutzes Verdächtige tagelang festgehalten habe und dass den Dieben angeblich Schweigegeld bezahlt wurde.
Frasers Anzeige wird auch mit den derzeitigen Vorbereitungen des ANC auf den Parteitag im Dezember in Zusammenhang gebracht. In der Regierungspartei stehen sich noch immer zwei Lager unversöhnlich gegenüber: die Anhänger Zumas, von denen viele bei einem Machterhalt Ramaphosas mit Gerichtsverfahren rechnen müssen, sowie das Lager des populären Ramaphosa, der für den Fall, dass sich die Vorwürfe erhärten, zurücktreten müsste, bisher aber stets die Mehrheit seiner Partei im Rücken wusste.