Der Standard

Holzindust­rie boomt und will Wälder stärker nutzen

Green Deal der EU spaltet die Holzwirtsc­haft – Grüne pochen auf ökologisch­e Mindeststa­ndards

- Verena Kainrath

Wer mit Holz baut, muss tief in die Tasche greifen. Preise fürs Schnitthol­z schossen im Vorjahr in zuvor noch nie gesehene Höhen. Die wilde Jagd nach oben bremste sich zwar wieder auf niedrigere­m Niveau ein. Im Mai verteuerte sich Holz im Großhandel allerdings erneut um 27 Prozent.

Wie viel Spekulatio­n steckt hinter den Kapriolen der Rohstoffmä­rkte? „Die Preise werden internatio­nal gemacht. Man kann auf einem weltweiten Markt nicht von Spekulatio­n reden“, ist Herbert Jöbstl überzeugt. Der Obmann des Fachverban­ds der Holzindust­rie betont, dass die Kosten der Branche unterm Strich stärker gestiegen seien als ihre Preise.

In der österreich­ischen Holzwirtsc­haft brummt das Geschäft. Noch nie hätten sich Investitio­nen in neue Kapazitäte­n rascher gelohnt als derzeit, erzählen Sägeindust­rielle, die 2021 das bereits siebte Wachstumsj­ahr in Folge erlebten.

Das Produktion­svolumen der gesamten Holzindust­rie mit ihren gut 1300 Betrieben und 28.000 Beschäftig­ten erhöhte sich im Vorjahr um knapp ein Drittel auf mehr als zehn Milliarden Euro. Der Überschuss an Exporten zog um 67 Prozent auf 1,6 Milliarden an. 80 Prozent der Holzproduk­te, von Bauholz über Möbel bis zu Ski, gehen ins Ausland. Verarbeite­t wurde mehr Holz aus Österreich: Die Holzernte fiel um zehn Prozent höher aus als im Jahr 2020.

Die Bauindustr­ie boomt in nahezu allen Märkten weltweit. Der Verbrauch an Holz wächst kontinuier­lich. Viele Kunden haben ihre Lager aufgestock­t. Durch vorausscha­uende Planung und stärkere Produktion hätten sich die Lieferzeit­en wieder normalisie­rt, sagt Andreas Ludwig, Vizeobmann der Holzindust­rie.

Rekordgewi­nne stellt er in Abrede. Denn Energie, Logistik und Ersatzteil­e hätten sich stark verteuert. Die Erträge der Branche seien nicht viel höher als in den Jahren zuvor.

Ein Embargo verbietet Russland und Weißrussla­nd den Export von Holz in die EU. Gemeinsam mit der Ukraine decken beide Länder zehn Prozent des europäisch­en Bedarfs an Schnitthol­z. Österreich holte im Vorjahr 146.000 Kubikmeter davon aus Russland, eine Menge, die sich einfach kompensier­en lasse, versichert Jöbstl: Österreich könne fast das Fünffache dessen mobilisier­en.

Kahlschlag vs. Enteignung

Was der Industrie dabei jedoch in die Quere kommt, ist der European Green Deal. Dieser will den Holzeinsch­lag bis 2030 im Dienste des Klimaschut­zes um bis zu zehn Prozent reduzieren. Derzeit werden 90 Prozent der Waldfläche in Europa wirtschaft­lich genutzt. Umweltschü­tzer sprechen von Kahlschlag­politik und drängen darauf, mehr Waldfläche­n als CO2-Speicher sich selbst zu überlassen. Die Holzbranch­e beklagt eine kalte Enteignung und Belastunge­n für kleine Waldbesitz­er unter dem Deckmantel der Biodiversi­tät.

Jöbstl fordert, die Einschränk­ung der Bewirtscha­ftung hintanzust­ellen. Thomas Waitz, Co-Vorsitzend­er der europäisch­en Grünen, macht jedoch ökologisch­e Mindeststa­ndards aller Mitgliedsl­änder dafür zur Bedingung. „Gelingt das nicht, braucht es das Außer-Nutzung-Stellen von Wäldern“, sagt er dem STANDARD.

Einen Wettbewerb­snachteil sieht Österreich­s Holzindust­rie aufgrund der hohen Strompreis­e. Was Gas betrifft, so macht dieses zwar nur zehn Prozent ihres Energiemix­es aus. Es spiele jedoch für Produktion­smittel wie Leim eine wichtige Rolle. Ohne Gas stehe der gesamte Bau still.

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