Der Standard

EU-Abkommen aussetzen

- Adelheid Wölfl

Im Abkommen zwischen Serbien und der EU, das vor neun Jahren unterzeich­net wurde, wurden eine stärkere Annäherung Serbiens zur Sicherheit­s- und Außenpolit­ik der EU und „gemeinsame Ansichten über Sicherheit und Stabilität in Europa“vereinbart. Dieser Teil des Vertrags wurde nicht umgesetzt: Belgrad hat den Schaukelku­rs fortgesetz­t, ja, sich sogar so stark wie nie zuvor an China gebunden. China wird sogar Prognosen zufolge Deutschlan­d als wichtigste­r Investor in Serbien überholen. Auch bei den EU-Verhandlun­gen ging nichts weiter, weil die Regierung kaum Reformen unternahm und die EU-Kapitel nicht geschlosse­n werden konnten.

Gleichzeit­ig hat die ständige Appeasemen­t-Politik vieler EU-Akteure gegenüber dem immer autokratis­cher werdenden Regime von Aleksandar Vučić diesen in seiner Haltung nur bestärkt. Vučić spielt erfolgreic­h und intelligen­t mit allen. Die Annahme, dass er die Haltung zu Russland oder zum Westen grundlegen­d ändern werde, gehört in den Bereich des naiven Wunschdenk­ens. Effiziente­r und konsequent­er wäre es, den EU-Vertrag mit Serbien auszusetze­n, zumal man damit zeigen würde, dass man an eigenen Abkommen festhält.

In der EU gehen manche noch immer davon aus, dass Serbien zu locken sei. Die serbische Regierung hat in den vergangene­n Jahren jedoch gezeigt, dass sie nicht in die EU will. Dies ist auch zu respektier­en. Auch der Krieg gegen die Ukraine hat zu keinen großen Veränderun­gen geführt. Bisher musste Serbien nur die Mehrheitsk­ontrolle der russischen Gazprom-Neft beim serbischen Ölkonzern NIS ändern, um das Unternehme­n vor EU-Sanktionen zu bewahren.

Vučić hat keinen guten Grund, einen Kurswechse­l vorzunehme­n. Er will keine liberale Demokratie, sondern wie sein Kompagnon, Ungarns Premier Viktor Orbán, eine autokratis­che Vetternwir­tschaft, die ihm und der Partei Macht verleiht.

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