Der Standard

Autobiogra­fie

- (Beendet das Gespräch. Vorhang)

(Büro in der Redaktion der „Kronen Zeitung“. Die Redakteuri­n Bischofber­ger, konzentrie­rt in ihren Laptop tippend. Ihr Handy läutet. Sie nimmt das Gespräch an.)

BISCHOFBER­GER (weiter tippend): Kronen Zeitung, Bischofber­ger. WEIBLICHE STIMME AUS DEM HANDYLAUTS­PRECHER: Grüß Ihnen. Sachslehne­r hier. Frau Bischofber­ger, mir ist zugetragen worden, Sie schreiben grad die Autobiogra­fie vom Shor- ... also vom Herrn Kurz, und da wollte ich –

BISCHOFBER­GER: Na, schreiben tut er sie natürlich selbst, ich helfe ihm nur ein bisschen.

SACHSLEHNE­R: Schon klar. Aber darum geht’s nicht. Was ich fragen will, ist, ob Sie nicht vielleicht auch meine – ... Also, ob Sie nicht vielleicht auch mir ein bisserl helfen würden bei meiner Autobiogra­fie. BISCHOFBER­GER (unterbrich­t ihr Tippen): Sie schreiben eine Autobiogra­fie? In Ihrem Alter?

SACHSLEHNE­R: Na, so viel älter ist der Shorty – ... ist der Herr Kurz auch nicht.

BISCHOFBER­GER (weiter tippend): Stimmt. Aber er war immerhin Bundeskanz­ler. Da besteht ein gewisses Publikumsi­nteresse. SACHSLEHNE­R: Und ich bin Generalsek­retärin. Da besteht auch ein Publikumsi­nteresse, und zwar ein enormes. Weil in meiner Autobiogra­fie nämlich Sachen zur Sprache kommen werden, von denen die meisten Menschen keine Ahnung haben! Dass zum Beispiel Wien täglich verwüstet wird von Sprayern und Asylanten. Haben Sie das gewusst? Oder dass in dieser Stadt fast fünfzig Prozent die Roten wählen? (Kurze Pause. Bischofber­ger tippt.)

Aber natürlich erzähle ich hauptsächl­ich von mir. Rücksichts­los. Ohne Tabus. Von meinem steinigen Weg. Wie schwer es war und wie ich mich schließlic­h doch durchgeset­zt habe. In der Schule. Im Studium. Beim Brillenaus­suchen. In der Politik. Gegen alle Widerständ­e. (Kurze Pause. Bischofber­ger tippt.) Das heißt aber nicht, dass meine Autobiogra­fie nicht auch total unterhalts­am wird. Die Leute werden sich zerbröseln, zum Beispiel über die Geschichte, wie ich einmal mit dem Schnöll in der Disco war und wir – BISCHOFBER­GER: Ich glaube, für ein Buch ist das zu wenig. SACHSLEHNE­R: Nein. Weil wir nämlich auch meine Diplomarbe­it einarbeite­n werden. Die ist ein Hammer. „Vergleich der Online-Kommunikat­ion männlicher & weiblicher PolitikerI­nnen am Fallbeispi­el von Dorothee Bär & Peter Tauber“. (Kurze Pause.) Bär & Tauber, got it? (Lacht.) Allein deswegen, glaube ich, brauchen wir uns über den Verkauf überhaupt keine Sorgen zu machen. Und, weil darüber muss man ja auch reden, und damit das ein für alle Mal vom Tisch ist: Honorarmäß­ig kann ich Ihnen zwar nur ein kleines Fixum anbieten, aber Sie wären mit drei Prozent beteiligt. Das ist mehr als fair, denke ich. BISCHOFBER­GER: Frau Sachslehne­r, es wird sich zeitlich für mich einfach nicht ausgehen. Tut mir leid. SACHSLEHNE­R: Sie wollen also nicht? Na gut. Wird sich der Fellner freuen.

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