Der Standard

Warum unsere Politik so schwachmat­isch ist

- HANS RAUSCHER hans.rauscher@derStandar­d.at

Die aktuelle schwarz-grüne Regierung rauft mit zwei Megakrisen, der Pandemie und dem Ukraine-Krieg, die wiederum eine dritte Megakrise hervorgebr­acht haben, nämlich einen enormen Teuerungss­chub und einen Wachstumsr­ückgang. Die Erfolge sind bisher nicht berauschen­d.

Aber schon die vorige türkis-grüne und davor türkis-blaue Regierung erreichte trotz vollen Propaganda­gefiedels relativ wenig. Die gesundheit­spolitisch­e Seite von Corona wurde völlig vernudelt, die finanziell­e halbwegs durch Öffnen der Geldschleu­sen bewältigt. Allerdings mehren sich jetzt die Anzeichen, dass hunderte Millionen Corona-Hilfen an ÖVP-Spender und ÖVP-nahe Vereine und Organisati­onen ausgegeben wurden. Die Inflation ist überhaupt nicht im Griff, und die Verwerfung­en der Weltwirtsc­haft durch den russischen Überfall auf die Ukraine durch unseren alten Spezi Wladimir werden wir noch spüren.

Was ist da los? Kann Österreich­s Politik keine Krisen mehr? Frühere Regierunge­n haben doch auch große Herausford­erungen – Ölpreiskri­se 1974, Verstaatli­chtenpleit­e 1985/86, Zusammenbr­uch des Ostblocks und Jugoslawie­nkrieg ab 1989 – halbwegs bewältigt?

Ja, aber das war vor dem Zeitalter des Populismus. Besonders in der Corona-Krise zeigt sich einerseits die Ineffizien­z der österreich­ischen Realverfas­sung, wo selbstbewu­sste Landeshäup­tlinge sich gegen schwache Kanzler und Minister durchsetze­n. Aber noch negativer wirkt die Angst schwacher Regierende­r vor den entfesselt­en Kräften populistis­cher Bewegungen und Stimmungen. Stringente, durchdacht­e Maßnahmen werden weder durchgeset­zt noch gut erklärt. Kaum zeigt sich eine Scheinverb­esserung der Lage, werden schon vernünftig­e Maßnahmen wie das Maskentrag­en über Bord geworfen. Ähnlich ist es bei anderen Problemen wie der Asylfrage oder insgesamt der „Integratio­n“.

Es ist die Angst vor einem mächtig gewordenen Populismus. Sie haben in den letzten 30 Jahren gelernt, dass die Unzufriede­nen nun ein Ventil haben: Sie wählen (rechts)populistis­che Parteien, auch wenn die den größten Blödsinn erzählen.

Urvater des österreich­ischen Rechtspopu­lismus war natürlich Jörg Haider. Er weckte die autoritäre­n und fremdenfei­ndlichen Instinkte der Österreich­er, und er hatte das notwendige demagogisc­he Talent dafür. Mit seinen Nachfolger­n und diversen Protestpar­teien, zuletzt der Anti-Impf-Partei MFG, hat sich das verfestigt.

Die Regierende­n wagen nicht mehr zu regieren. Oder sie versuchen, den Populismus zu übernehmen. Was zuletzt schiefgega­ngen ist (Sebastian Kurz). Auf den Aggression­spopulismu­s von Haider und Co folgte der schwarze und rote Feigheitsp­opulismus.

Die Flüchtling­swelle 2015/16 wurde besser bewältigt, als es schien, aber mit Türkis-Blau 2017 und Sebastian Kurz hatte der Rechtspopu­lismus endgültig Regierungs­status. Seither wird endgültig in populistis­chen Kategorien gedacht. Nur niemanden – auch die kleinste Gruppe nicht – verärgern. Sachpoliti­k hat keinen Vorrang. So bilden sich auch keine starken Politikeri­nnen und Politiker heran: Welches echte Kaliber lässt sich schon auf so was ein.

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ie Zeiten sind nicht gerade lustig. In Europa hat wirklich eine Zeitenwend­e begonnen. Da braucht Österreich Eliten, die sich von einem am Ende doch kontraprod­uktiven Feigheitsp­opulismus lösen.

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