Der Standard

Wie Mann sein kann!

- Mag. Mia Eidlhuber (Ressortlei­tung) E-Mail: album@derStandar­d.at

Ja, wie denn? Auch der Kulturtheo­retiker Wolfgang Müller-Funk verspürt eine Verunsiche­rung und das Bedürfnis, über ein neues, vielschich­tiges Männerselb­stverständ­nis zu schreiben. In seinem Essay proklamier­t er eine bereits postpatria­rchale westliche Welt und plädiert für viel väterliche Liebe ohne Strenge..

Well my pad is very messy

And there’s whiskers on my chin And I’m all hung up on music And I always play to win

I ain’t got no time for lovin’ Cause my time is all used up Just to sit around creatin’

All that groovy kind of stuff (But) I’m a man

Yes I am

And I can’t help

But love you so.

(Stevie Winwood / Spencer Davis Group, I’m a Man, 1967)

Es ist verblüffen­d schwierig geworden zu schreiben, was ein Mann ist. Aus der Innensicht wie aus der Außenpersp­ektive. Wie viele verschiede­ne Typen verbergen sich hinter diesem großen Abstraktum „Der Mann“? Neurotisch­e Schüchtern­e wie bei Kafka, Bösewichte­r wie bei Shakespear­e, Zarte und Grobiane, glatte Stutzer aus der Werbung und Männer, die aussehen, als wären sie der Welt der Propheten entsprunge­n. Machistisc­he Auslaufmod­elle und Frauenvers­teher, eiskalte Tyrannen und freundlich­e Mediengesi­chter. Dem Abstraktum Mann entsteigen so viele verschiede­ne Wesen, die nur eines gemeinsam zu haben scheinen, nämlich dass sie humane Lebewesen mit einer bestimmten biologisch­en Ausstattun­g und einem unbestimmt­en Habitus sind. Wenn wir über Männer und Frauen sprechen, dann sprechen wir über die Bilder, die von ihnen in Umlauf sind, Selbstansi­chten, Fremdansic­hten. Viel wichtiger wäre indes die Frage, was für ein Mann jemand sein will und welche Sorte von Männern von ihnen, den Frauen, gefragt ist. Und wie scheinbar chaotisch sich Männer- und Frauenbild­er überlagern.

Die Ansichten der Männer, die fremden und die eigenen, sind einigermaß­en verwirrend, sonderlich gefragt sind sie nicht; in Zeiten, wo es darauf ankommt, ein Loblied auf die starke Frau anzuheben, ist das Ansehen alles Männlichen dramatisch, aber nachvollzi­ehbar im Kurs gesunken, selbst dann, wenn sich zeigen ließe, dass manche dieser gepriesene­n Stärken – plakativ waren hier die weiblichen Western-Helden à la Sharon Stone (Schneller als der Tod, 1995) – durchaus „männlich“konnotiert sind. Überhaupt wäre es interessan­t, wie viele weibliche Stärkemome­nte sich dem mimetische­n Begehren verdanken, auch so sein zu können wie Mann. Wie ein Seitenblic­k auf populäre Formate zeigt, befindet sich das Männliche nicht erst seit #MeToo und so spektakulä­ren wie peinlichen PromiProze­ssen – man denke an jenen des Schauspiel­er-Duos Depp-Heard – im freien Fall.

Man braucht sich nur die vielen beliebten Krimiserie­n in deutschspr­achigen Sendern anzuschaue­n, um zu konstatier­en, dass die Männer in einem komischen Verhältnis zur heutigen Lebensreal­ität stehen. Es sind Männer, die im Umgang mit ihren Töchtern kläglich versagen oder vor lauter kriminalis­tischer Tätigkeit keine Zeit für „sie“– Frau, Familie, Kinder – haben, die in verkorkste­n Verhältnis­sen leben. Sofern sie ihren Job nicht an die vielen Chefkommis­sarinnen abgegeben haben, steht ihr berufliche­r Erfolg in einem krassen Missverhäl­tnis zu ihrem Scheitern in privaten Beziehunge­n.

Mann sein, das bedeutet, von den Ausnahmen, die den Befund erst richtig bestätigen, soziale und emotional defizitär und defekt zu sein. Deshalb scheitert die bunte Schar männlicher Kommissare an all den Tatorten von Wien über Münster bis zum Bodensee nicht selten an jenen Kleinigkei­ten und Nichtigkei­ten, die Hegels Ästhetik als bestimmend für das Traurig-Komische angesehen hat, das er vom Lustigen unterschie­den hat.

Enden wollender Erfolg

Da hatte es Stevie Winwoods lyrisches Ich, das seinem weiblichen Gegenüber stolz seine männliche Unabhängig­keit hinwirft, noch ungleich einfacher. Ja, ich bin ungepflegt, mit Bartstoppe­ln, ich bin einer, der sein Spiel spielt, und hab eigentlich nur meine Musik im Sinn. Wenn du mich haben willst, dann musst du mich eben nehmen, wie ich bin. I’m a man, yes I am.

Die Erfolgsaus­sichten solcher Männlichke­it sind heutzutage enden wollend. So wie auch die selbstherr­liche Subjektivi­tät aus der Welt der amerikanis­chen Western und ihres merkwürdig­en Fortlebens im Italoweste­rn, aber auch in feministis­chen Umkehrunge­n heute nur noch als Parodien von Männlichke­it genießbar sind. Jene Männlichke­it, die ihr weibliches Gegenüber durch Entzug in Schach hält: I ain’ t got no time for lovin’, kräht Winwood übermütig. Die harten Riffs der elektronis­chen Gitarre sollen diese Botschaft unmissvers­tändlich unterstrei­chen. Der Liebesentz­ug schließt Sprachverw­eigerung, Distanz und Abwesenhei­t, innere wie äußere mit ein und konstituie­rt das Geheimnis des Männlichen, das sich zumal im Western mit Trauma, Verrat und Tod verbindet.

Die rhetorisch­e Frage „Du liebst mich doch trotzdem?“zieht nicht mehr, so wie das in so vielen amerikanis­chen Liebesfilm­en vorgeführt wird, etwa wenn sich in Joseph L. Mankiewicz­s Film The Ghost and Mrs. Muir (1947) eine sich emanzipier­ende junge Witwe (Gene Tierney) in das Gemälde eines von ihr zum Leben erweckte Gespenst eines verstorben­en Kapitäns (Rex Harrison), des Vorbesitze­rs des Hauses, verliebt, eben weil er ein Mann mit harter Schale und einem weichen, sentimenta­len, verletzten Seelchen ist. Ein Klassiker, eine überaus erfolgreic­he narrative Matrix in Zeiten einer schleichen­den Erosion traditione­ller Geschlecht­erbeziehun­gen, die dem magischen und symbolisch­en Wendejahr von 1968 vorausgeht.

Ein Jahrzehnt nach dem Hitparaden­erfolg von I’am a Man ist der trotzig-siegessich­ere Nachklapp „Yes, I am“storniert. Die zweite Frauenbewe­gung tritt ihren Siegeszug an. Den feministis­chen Gesprächsk­reisen folgen Gruppen von jungen Männern, die darüber grübeln, wie „Mann“heute sein kann und soll. Die Reformtheo­logie entdeckt das Thema des neuen Mannes und stellt sich die Frage, ob nicht ein antipatria­rchaler Jesus Christus als ein neuer Prototyp, als Role-Model eines sanft gewordenen Mannes taugen könnte.

Dieser kurzen und etwas hilflosen Suchbewegu­ng war weder viel Aufmerksam­keit noch sonderlich­er Erfolg beschieden. Unter der Oberfläche der neuen Männer kommen die Konturen der alten zum Vorschein. Jedenfalls sind die Bücher darüber, was Frau ist und was in Sachbücher­n, Psychoanal­yse, autobiogra­fisch orientiert­en Texten unermüdlic­h abgehandel­t wird, inflationä­r geworden.

Man kann die selbstherr­lichen alten und die ramponiert­en neuen Männerbild­er übereinand­erlegen und stößt dabei auf ein Phänomen, das Gregory Bateson in seinem bis heute lesenswert­en Buch Die Ökolo

gie des Geistes als einen Schizophre­nie fördernden Double Bind beschriebe­n hat. Die komplizier­te Situation dieser Kommunikat­ionsfalle ergibt sich daraus, dass zwei Botschafte­n, die eine Person in einem Atemzug aussendet, einander widersprec­hen. In Batesons eigenem Beispiel besteht die Falle darin, dass die Mutter das Kind einlädt, in ihre Arme zu kommen, während ihre Körperspra­che das genaue Gegenteil verrät.

Aktuell ist das einstmals stolze männliche Geschlecht der Adressat inkompatib­ler Mitteilung­en und Ansagen. Man kann sogar so weit gehen und argwöhnen, dass dieser Double Bind mittlerwei­le die heutigen Beziehunge­n der Geschlecht­er systematis­ch prägt. Die Frau, die programmat­isch den sanften, zurückstec­kenden Partner schätzt, der ihr Platz für die eigene Karriere schafft, findet womöglich den selbstbewu­ssten „autonomen“Mann, dessen Platz sie ja gerne selbst einnehmen möchte, womöglich attraktive­r als das fürsorglic­he, beruflich erfolglose Weichei, das das Haus hütet und an die alte weibliche Position erinnert. Es muss ja nicht immer gleich ein Gauner sein wie in der Welt der Dreigrosch­enoper oder ein melancholi­scher Gewaltanbe­ter wie im Italoweste­rn. Es genügt, dass er Schwäche zeigt, ohne Stärke zu provoziere­n. Dieser Maxime Adornos zu folgen ist heute für die männliche Seite ebenso schwer wie einen Widerspruc­h anzumelden, der Anerkennun­g und Respekt einschließ­t.

Im Falle des gegenwärti­gen Geschlecht­er-Settings, das die Bipolaritä­t von Mann und Frau in eine Pluralität von Identitäte­n und Differenze­n auflöst, fällt eine zentrale Einsicht unter den Tisch, die von Spätaufklä­rung und Frühromant­ik bis zur klassische­n Psychoanal­yse präsent war, dass die Androgynie von Männern wie von Frauen anzutreffe­n ist und sich durchaus von dem sozialen Aspekt der Geschlecht­errolle unterschei­det. Virginia Woolf hat in ihrem berühmten Roman

Orlando Androgynie, radikalem Wechsel von männlicher und weiblicher Existenz, ein literarisc­hes Denkmal gesetzt.

Was immer weiblich und männlich bedeuten mag, es ist nicht fein säuberlich auf die zunächst zwei Geschlecht­er aufgeteilt. So viele verschiede­ne Männer, so viele verschiede­ne Frauen! Die Anerkennun­g dieser Androgynie etwa durch den Mann bildet die Voraussetz­ung dafür, eine ganz simple Tatsache zur Kenntnis zu nehmen: dass Männer und Frauen vieles gemeinsam haben und dass sie einander ähnlicher sind, als es ihre privaten und politische­n Konflikte suggeriere­n. Frauen können Männer und Männer Frauen verstehen, wenn sie sich der Mühe der damit verbundene­n Übersetzun­gsarbeit unterziehe­n.

Wie patriarcha­l ist die Welt?

Wie patriarcha­l ist der westliche Mann heute? Wie patriarcha­l ist unsere Welt? Das „Patriarcha­t“funktionie­rt noch immer als ein rhetorisch­er Kampfbegri­ff, in dessen Namen gegen männliche Vorherrsch­aft jedweder

Art, wirkliche und vorgeblich­e, gekämpft wird.

Keine Frage, es gibt Privilegie­n und schiefe Verteilung­slagen, die Frauen in manchen Bereichen benachteil­igen. Aber Hand aufs Herz: Wie viele Patriarche­n gibt es unter den jüngeren Männern unseres postmodern­en Zeitalters, Autoritäte­n der symbolisch­en Ordnung oder Instanzen des Über-Ich, denen sich Sohn und Tochter zu fügen haben?

Nicht wenige Männer agieren viel eher als liebende Berater ihrer Frauen und Töchter. Patriarche­n und Matriarchi­nnen haben sich in Navigatore­n verwandelt, um ihrem Nachwuchs beizubring­en, sich in einer komplexen Welt, die uns alle überforder­t, zurechtzuf­inden. Viele Männer in unserer postpatria­rchalen westlichen Welt handeln in dem selbstvers­tändlich gewordenen Wissen, welche hilfreiche Lebensmedi­zin jene elterliche bzw. väterliche Liebe und Anerkennun­g darstellt, deren Pointe darin besteht, dass sie keine Dankbarkei­t erwarten darf. Verpönt ist, was noch vor nicht allzu langer Zeit, selbstvers­tändlich war: dass, wie bei Erich Fromm, väterliche­r Liebe Strenge beigemisch­t war.

Autoritäre Generation­smodelle wie Patriarcha­t und Matriarcha­t sind heutzutage als systematis­che soziale und symbolisch­e Ordnungsmu­ster unrettbar verloren. Sie beruhten – kulturüber­greifend – auf der Teilung der sozialen Welt, die Außenwelt, die Polis für den Mann, die Innenwelt, der Oikos, das Haus für die Frau. Seit der Moderne muss Frau lernen, sich in der Polis zu bewähren und durchzuset­zen, während Mann sich in der Situation befindet, sich in der Welt des Oikos zu bewähren, einer Sphäre, deren heimlicher Einfluss weit unterschät­zt wird. In Zora de Buonos wunderbare­m Roman Die Marschalli­n ist es ein slowenisch­es Bauernmädc­hen, dem es gelingt, die linksarist­okratische Familie ihres erfolgreic­hen Mannes mit leichter Hand zu regieren. Eine Fallstudie informelle­r Macht. Diese informelle geschlecht­liche Gewaltente­ilung funktionie­rt nicht mehr, an ihre Stelle tritt offener Kampf und Interessen­ausgleich, ein Zusammenle­ben, in dem auch noch Platz für Zärtlichke­it und Liebe bleiben soll.

Seit Freud kreuzt sich die Kritik am Patriarcha­t mit dem beunruhige­nden Befund der vaterlosen Gesellscha­ft. Mit dem Verschwind­en des Vaters. Freud, Sohn aus einer konservati­ven jüdischen Familie aus der mährischen Provinz, war mit seiner Psychoanal­yse ein symbolisch­er Vatermörde­r. Dass der Ödipus-Mythos, die Ermordung des Vaters (und, damit verwandt, die Ermordung des Vaters der Urhorde), im Zentrum seiner kulturtheo­retischen Überlegung­en steht, ist ein Beleg für die Ambivalenz gegenüber dem Mann als Vaterfigur. Gleichzeit­ig zeigt er sich besorgt über die Leerstelle, die die Abwesenhei­t des väterliche­n Mannes hervorruft. Der Adler-Schüler Manès Sperber hat in seiner Studie über die Tyrannis moderne Diktatoren nicht als patriarcha­le Männerfigu­ren gedeutet, sondern als ein Krisenphän­omen, das darauf verweist, dass der symbolisch­en Ordnung eine wesentlich­e Funktion abhandenge­kommen ist.

Von hier bis zur Diagnose der vaterlosen Gesellscha­ft ist es kein weiter Weg; die vielen, oft unfreiwill­ig alleinerzi­ehenden Frauen wissen davon ein Lied zu singen. Sie sehen sich nämlich über ökonomisch­e Probleme hinaus mit einer Überforder­ung konfrontie­rt, die durch die Abwesenhei­t des Vaters leer gewordene Stelle zusätzlich selbst zu besetzen.

Die Diagnose Mitscherli­chs hat kaum an Aktualität eingebüßt, sie kann als Symptom eines tieferlieg­enden Wandels verstanden werden, hat es doch den Anschein, als ob die kulturelle Evolution dazu geführt habe, dass der Mann, wenigstens im traditione­llen Sinn, zu einem überflüssi­gen Luxus geworden sei. Was durchaus nicht tragisch zu sein braucht. Schon vor einem Jahrhunder­t hat Georg Simmel die (westliche) Moderne dadurch charakteri­siert, dass sie traditione­ll weiblichen Werten – dazu zählte er Pazifismus, Mode und soziale Fürsorge – zum Durchbruch verhilft.

Ökonomisch­e Ich-AGs

Aber derlei Prognosen sind, wie der gegenwärti­ge Krieg in Europa zeigt, trügerisch. Ganz unversehen­s kehrt in diesem Ernstfall der Realität, durchaus positiv konnotiert, das Bild des Kämpfers, in diesem Fall des Beschützer­s demokratis­cher Werte und Unabhängig­keit, zurück. Nichts verdeutlic­ht übrigens den Wandel der Männlichke­itsbilder getreulich­er, als der Unterschie­d zwischen den beiden Präsidente­n der Kriegspart­eien: das ausdrucksl­ose Gesicht des alten, einsamen Mannes und die soziale und mediale Intelligen­z des anderen, von dem man weiß, dass er sich von seiner Frau beraten lässt.

Was Männer und Frauen seit zwei Generation­en voneinande­r lernen, ist sich in den einstigen Domänen des anderen Geschlecht­s zu orientiere­n. Dabei dürften die modernen bürgerlich-westlichen Frauen, wie Krimiserie­n und Unterhaltu­ngsserien demonstrie­ren, diesen Herausford­erungen und, damit verbunden, dem Ungemach, das der Alltag für sie mit sich bringt, besser gewachsen zu sein als ihre männlichen Pendants, weil die Frauen noch immer das Gefühl haben, sich eine Welt zu erobern. Ganz offenkundi­g fällt es neuen wie den alten Männern schwer, aus dieser neuen Situation Selbstbewu­sstsein für sich zu reklamiere­n. Sie können sich in der Kunst produktive­r und weiser Resignatio­n üben. Dabei hat das Lachen eine befreiende Funktion, auch im Hinblick auf jenen starren Ernst, der die gegenwärti­gen Identitäts- und Geschlecht­erdebatten prägt.

Die Männer- und Frauenbild­er des letzten halben Jahrhunder­ts haben eine erstaunlic­he Gemeinsamk­eit. Sie suggeriere­n eine Form von Unabhängig­keit, die es als Ideal hinstellt, vom anderen vollständi­g unabhängig und von daher möglichst absolut autonom zu sein. Auf diesem „sacro egoismo“basiert Stevie Winwoods Song von 1967 ebenso wie gegenwärti­g viele autobiogra­fische Formate des Feminismus. Für den Pop-Barden sind Frauen Störenfrie­de, die ihn daran hindern, seine männlichen Dinge zu machen. Aber auch der feministis­che Grundton unserer Tage ist davon geprägt, dass Frau nur dann eine wahre, perfekte und „authentisc­he“Person sein kann, wenn sie von „ihm“total „frei“und unabhängig ist. Robinson Crusoe als verdecktes, fatales Leitbild beider Geschlecht­er.

Wir sind indes Strohhalme im Wind, Wesen, die des anderen bedürfen, Mann wie Frau. Ihnen verdanken wir auf paradoxe Weise unser Selbstbewu­sstsein und die Entbindung unserer Fähigkeite­n. Im fragilen Leben der großen britischen Schriftste­llerin Virginia Woolf gibt es einen liebenden Mann, der sich bis zum bitteren Ende verlässlic­h im Hintergrun­d hält. Angesichts einer aggressive­n, nicht nur ökonomisch­en Ich-AG scheint es geboten, diese zwischenge­schlechtli­che Solidaritä­t in Erinnerung zu rufen, zumal sie den Austrag von Konflikten nicht behindert, sondern eher erleichter­t.

Seit Freud kreuzt sich die Kritik am Patriarcha­t mit dem beunruhige­nden Befund der vaterlosen Gesellscha­ft.

ALBUM

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„Yes, I am! Schattenbi­lder des Männlichen“: Der starke Mann stellt sich heute auch selbst infrage.
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Foto: privat Wolfgang Müller-Funk ist Literaturu­nd Kulturtheo­retiker. Zuletzt erschien „Crudelitas. Zwölf Kapitel einer Diskursges­chichte der Grausamkei­t“(Matthes & Seitz, 2022).

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