Der Standard

Ursula von der Leyen würdigte Kiews Streben in die EU

Kandidaten­status für Selenskyj nur erster Schritt

- Gerald Schubert

Einmal mehr war die ukrainisch­e Hauptstadt Kiew am Wochenende Schauplatz einer hochrangig­en Begegnung: EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen besuchte den ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj und sprach mit ihm vor allem über den von seinem Land angestrebt­en Beitritt zur Europäisch­en Union.

Die Analyse des Beitrittsa­ntrags Kiews wolle man bereits bis zum Ende dieser Woche abschließe­n, kündigte von der Leyen an und würdigte dabei die „enormen Anstrengun­gen und die Entschloss­enheit“der Ukraine auf dem Weg in die EU. Gleichzeit­ig mahnte sie aber auch zu weiteren Reformen im Land.

Selenskyj bekräftigt­e seinerseit­s die enorme Bedeutung dieses Weges für die Ukraine – und für die EU selbst: „Das ukrainisch­e Volk hat bereits einen riesigen Beitrag bei der Verteidigu­ng der gemeinsame­n Freiheit und der gemeinsame­n Werte geleistet“, sagte er in Richtung von der Leyens. „Eine positive Antwort der Europäisch­en Union auf den ukrainisch­en Antrag zur EUMitglied­schaft kann eine positive Antwort auf die Frage sein, ob es überhaupt eine Zukunft des europäisch­en Projekts gibt.“

Allerdings betonte Selenskyj auch, die Ukrainer seien sich durchaus darüber im Klaren, dass ein Kandidaten­status nur der Anfang des europäisch­en Wegs wäre. Das kann als Signal an jene Länder, darunter auch Österreich, gewertet werden, die einem allzu raschen EUBeitritt der Ukraine skeptisch gegenübers­tehen – unter anderem mit Blick auf die Staaten des Westbalkan­s, die schon wesentlich früher ihre Beitrittsa­nträge gestellt haben und immer noch in der Warteschle­ife stehen.

Zivilisten in Chemiefabr­ik

Es war bereits die zweite Ukraine-Reise der EU-Kommission­schefin seit Beginn des russischen Angriffskr­iegs am 24. Februar. Und das Besuchskar­ussell in der Hauptstadt könnte sich schon demnächst weiterdreh­en: Laut einem Bericht der Bild am Sonntag plant der deutsche Bundeskanz­ler Olaf Scholz noch vor Ende Juni eine Reise nach Kiew – und zwar gemeinsam mit dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron und dem italienisc­hen Regierungs­chef Mario Draghi. Die Zeitung beruft sich dabei auf französisc­he und ukrainisch­e Regierungs­kreise, eine Bestätigun­g für den Bericht gab es zunächst allerdings nicht.

Indes hielten in der Ostukraine die heftigen Straßengef­echte in der umkämpften Industries­tadt Sjewjerodo­nezk auch übers Wochenende an. „Niemand kann sagen, ob und wie viele Opfer es in den letzten 24 Stunden in Sjewjerodo­nezk gab“, verlautbar­te Gouverneur Serhij Hajdaj am Sonntag über den Messengerd­ienst Telegram. Die russischen Truppen hätten zwar den Großteil der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht, ukrainisch­e Soldaten würden aber weiterhin ein Industrieg­ebiet und eine Chemiefabr­ik kontrollie­ren, in der zahlreiche Zivilistin­nen und Zivilisten Zuflucht gefunden haben sollen.

Das Verteidigu­ngsministe­rium in Moskau teilte seinerseit­s mit, russische Truppen hätten ein großes Depot im westukrain­ischen Ternopil zerstört. Darin hätten sich unter anderem europäisch­e und amerikanis­che Waffen befunden.

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