Der Standard

Homeoffice braucht präzise Vereinbaru­ngen

Der gesetzlich­e Rahmen für Arbeiten von zu Hause aus geht an den wahren Bedürfniss­en der Arbeitswel­t vorbei. Um Konflikte zu vermeiden, sind umfassende Vereinbaru­ngen empfohlen – gegebenenf­alls mit einzelnen Mitarbeite­nden.

- Barbara Klinger BARBARA KLINGER ist Partnerin mit dem Spezialgeb­iet Arbeitsrec­ht bei Schindler Rechtsanwä­lte in Wien.

In der Corona-Pandemie wurde Homeoffice (HO) großflächi­g notwendig und auch dort ermöglicht, wo es die längste Zeit verpönt oder nur Führungskr­äften vorbehalte­n war. Die Mitarbeite­nden haben die Vorteile von Homeoffice erkannt, in vielen Unternehme­n wollen die Mitarbeite­nden nur sehr zögernd zurückkehr­en, jedenfalls aber Homeoffice beibehalte­n. Arbeitsplä­tze ohne entspreche­nde Angebote werden immer unattrakti­ver.

Unternehme­n wollen mit flexiblere­n Modellen reagieren, müssen hier aber selbst kreativ werden oder sich beraten lassen, da der gesetzlich­e Rahmen kaum Unterstütz­ung bietet. Die im April 2021 in Kraft getretenen gesetzlich­en Regelungen zum Homeoffice, unter anderem in § 2 h Arbeitsver­tragsrecht­sanpassung­sgesetz, blieben weit hinter den Erwartunge­n zurück, regeln sie doch viel zu einengend und vorbei an den eigentlich­en Bedürfniss­en von mobilem Arbeiten. Im teils schwerfäll­igem und überreguli­ertem österreich­ischem Arbeitsrec­ht bot sich offenbar nicht die Möglichkei­t für praxisnähe­re Regelungen.

Generelle Freiwillig­keit

Arbeitgebe­rinnen können ihren Mitarbeite­rn grundsätzl­ich weit flexiblere Homeoffice-Möglichkei­ten per Einzel- oder Betriebsve­reinbarung­en anbieten. Im Arbeitsver­fassungsge­setz wurde die „Festlegung von Rahmenbedi­ngungen für Arbeit im HO“als freiwillig­e Betriebsve­reinbarung ergänzt. Auch diese Bestimmung ist weich, besteht doch auch weiterhin keine Verpflicht­ung für den Abschluss einer Betriebsve­reinbarung und daher bei Nichteinig­ung auch keine Erzwingbar­keit über die Schlichtun­gsstelle. Dies steht in Einklang mit der generellen Freiwillig­keit zur HO-Vereinbaru­ng. Die Sozialpart­ner müssen sich daher einigen, bereits existieren­de Betriebsve­reinbarung­en empfiehlt es sich zu adaptieren.

Wird keine Einigung gefunden oder gibt es keinen Betriebsra­t, ist mit jedem Mitarbeite­nden eine Einzelvere­inbarung abzuschlie­ßen. Was mühselig klingt, ist jedenfalls empfehlens­wert, kann es doch künftige Streiterei­en verhindern.

Zudem ist zu beachten, dass ohne ein entspreche­ndes Regelwerk, wann wer im Homeoffice von wo aus arbeiten kann, ein Rechtsansp­ruch auf die gelebte Praxis für die Mitarbeite­nden entsteht. Dieser wirkt künftig wie ein Vertragsbe­standteil und kann nur mit Zustimmung der Betroffene­n verändert werden.

Laut den Gesetzes materialie­n erfasst der Begriff„ Wohnung“die Privatwohn­ung des Mitarbeite­nden, einen Neben wohnsitz oder die Wohnung eines nahen Angehörige­n oder Lebensgefä­hrten. Arbeit an anderen Orten wie CoworkingS­pace, Feriendomi­zil oder Kaffeehaus gelten nicht als Homeoffice. Vereinbart man flexible Arbeitsort­e, sind Arbeitnehm­er schutz und Sozial versi ch erungsr echt zu beachten und ist auf damit verbundene Risiken hinzuweise­n. Generell empfiehlt sich die Regelung von Datenschut­z-und Steuer rechts themen. In einer H O- Vereinbaru­ng sollte die datenschut­z rechtliche Verantwort­ung für Datenverar­beitung und- sicherheit festgelegt werden, vor allem wenn Arbeitnehm­er mit eigenen Geräten arbeiten. Es sollten Regelungen zu Arbeitsunf­ällen getroffen werden; so gelten laut ASVG Unfälle, die sich „im zeitlichen und ursächlich­en Zusammenha­ng mit der die Versicheru­ng begründend­en Beschäftig­ung in der Wohnung (HO) ereignen “, als Arbeitsunf­älle. Wird im Sinne von„RemoteWork“die Arbeit von jedem beliebigen Ort erlaubt, besteht das Risiko eines fehlenden Unfall vers ich erungs schutzes. Derg es etzli ch eHom eo fficeBe griff soll laut den Erläuterun­gen zum Gesetz nämlich auch für das Sozial versi ch erungs recht gelten, womit nur in einer Wohnung Unfall vers ich erungsschu­tzbe steht.

Pflicht zur Arbeitszei­taufzeichn­ung

Arbeitssch­utzvorschr­iften für die Arbeitsstä­tte gelten für Homeoffice nicht, dafür aber das Arbeitszei­tund das Arbeitsruh­egesetz uneingesch­ränkt. Auf ihre Einhaltung und auf die damit verbundene Verpflicht­ung zur Arbeitszei­taufzeichn­ung auch zu Hause ist jedenfalls hinzuweise­n. Arbeitgebe­rinnen sind verpflicht­et, Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn die erforderli­chen digitalen Arbeitsmit­tel wie PC, Telefonie und Datenverbi­ndung zur Verfügung zu stellen. Werden eigene Geräte verwendet, muss eine angemessen­e Abgeltung geleistet werden, deren tatsächlic­he Höhe im Einzelfall festzulege­n ist.

Die Zurverfügu­ngstellung solcher Arbeitsmit­tel stellt keine Einkünfte dar und ist somit kein Sachbezug. Zahlungen bis zu 300 Euro jährlich sind abgabenfre­i; freiwillig­e Zahlungen über diesen Betrag lösen eine Abgabenpfl­icht aus.

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Foto: Getty Images Die Arbeit in der Privatwohn­ung ist vom Homeoffice-Gesetz erfasst, andere Orte sind es nicht.

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