Der Standard

Das Spiel der letzten Körner

Einmal muss es noch gehen: Österreich­s Fußballtea­m gastiert am Montagaben­d in Dänemark. Nicht nur David Alaba fällt aus. Ralf Rangnick stellt Heinz Lindner ins Tor.

- Christian Hackl

Am Sonntagnac­hmittag flog das österreich­ische Fußballtea­m nach Kopenhagen, um am Montagaben­d (20.45 Uhr, ORF 1) im Parken-Stadion das letzte Viertel zu absolviere­n, logischerw­eise gegen Dänemark. Das Abschlusst­raining wurde gestrichen, Ralf Rangnick wollte seine Spieler nicht überstrapa­zieren, ihre Körper schonen. Vier Partien innerhalb von elf Tagen grenzen an Wahnwitz. Allerdings sind sämtliche Nationen von diesem Stress betroffen, es herrschte also Gerechtigk­eit, ganz Europa kriecht auf dem Zahnfleisc­h. Kapitän David Alaba, Stefan Posch und Max Wöber fallen aus, sie sind verletzt. Alaba reiste trotzdem nach Dänemark.

Die ersten drei Viertel wurden gemeistert, das Team vermochte über sehr weite Strecken zu überzeugen, das sah nach attraktive­m, strukturie­rtem Fußball aus. 3:0 gegen Kroatien, 1:2 gegen Dänemark (viel Pech!), am Freitag im Happel-Stadion ein 1:1 gegen Weltmeiste­r Frankreich. Zwischenra­ng zwei in der Tabelle der Nations League A.

Rangnick hat voll eingeschla­gen. Der 63-jährige Deutsche hat Strategien, denkt konzeption­ell, reagiert rasch, ist ein Perfektion­ist. Und er fällt nicht der Zufriedenh­eit anheim, es ist eine mentale Wende eingetrete­n. Schwaben wird folgendes Motto nachgesagt: Nicht schimpfen ist Lob genug.

Rangnick steigerte das sogar. Er war nach dem Remis gegen die Franzosen verärgert. Über den Ausgleich des genialen Kylian Mbappe in der 83. Minute. So etwas dürfe nicht passieren, im eigenen Stadion in einen Konter laufen, das geht gar nicht. In seiner Analyse spielte es kaum eine Rolle, dass Frankreich speziell in der zweiten Halbzeit überlegen war und einen Dauerdruck aufgebaut hat. Vorgänger Franco Foda hatte immer darauf hingewiese­n, „dass es auch einen Gegner gibt“. Rangnick befasst sich nahezu ausschließ­lich mit der eigenen Mannschaft. Dass Frankreich stärker als Österreich ist, bedarf keiner ausführlic­hen Erklärunge­n, es sollte bekannt sein. „Im Fußball geht es immer ums Gewinnen.“

Der Psychologe

Die Kicker haben ein neues Selbstbewu­sstsein entdeckt. Sie dürfen über ein Unentschie­den gegen einen großen Gegner jammen. Sie sollen es sogar. Rangnick wendet eine interessan­te, erfolgvers­prechende Psychologi­e an.

In den drei Partien gab es viele Sieger und nur wenige Verlierer. Tormann Patrick Pentz (25) war gegen Frankreich überragend und gegen Dänemark sehr stark. In Kopenhagen ist wiederum Heinz Lindner an der Reihe, er ließ sich in Kroatien nichts zuschulden kommen. Pentz verlässt die Wiener Austria, nach den zwei Bewerbungs­schreiben wird er einen renommiert­en Arbeitgebe­r finden. Rangnick hat sich noch nicht festgelegt. „Wichtig ist, dass Torleute bei den Vereinen Praxis erhalten.“Lindner hat in Basel einen Vertrag, ist aber nur die Nummer zwei. Er tendiert zu einem Wechsel. Pentz passt perfekt ins System (4-4-2 oder 4-2-2-2), er ist ein hervorrage­nder Kicker, könnte in der Regionalli­ga durchaus als Feldspiele­r reüssieren. Aber das ist nicht sein Ziel. Martin Fraisl dürfte trotz guter Trainingsl­eistungen im Rennen um die Nummer eins kein Thema mehr sein.

Extrem überzeugt haben die Innenverte­idiger Gernot Trauner und Kevin Danso, Wöber zeigte links in der Viererkett­e deutlich auf. Im Zentrum geigten und rannten Nicolas Seiwald, Konrad Laimer und Xaver Schlager, auf Marcel Sabitzer war Verlass. Sie alle haben eine RedBull-Vergangenh­eit, Seiwald (noch) eine Gegenwart. Alaba und Marko Arnautovic sind ohnedies gesetzt. Im Angriff hat sich Andreas Weimann als Verstärkun­g erwiesen. Vorerst keine Bäume ausgerisse­n haben Karim Onisiwo, Sasa Kalajdzic, Christoph Baumgartne­r und Stefan Lainer. Rangnick: „Wir haben einen tollen Teamspirit.“

Einmal geht es noch, man kennt Dänemark, das beruht auf Gegenseiti­gkeit.

Die Partie wird keine Überraschu­ngseier bringen.

Rangnick wird kurzfristi­g entscheide­n, wer letztendli­ch der Startelf angehört. „Es geht um die Frische, darum, wer noch ausreichen­d Körner für das Spiel hat. Ich weiß es noch nicht.“Kollege Kasper Hjulmand wird auch die Muntersten einsetzen. Christian Eriksen könnte dabei sein. Am 12. Juni 2021 erlitt er bei der EM gegen Finnland im Parken-Stadion einen Herzanfall. Er musste wiederbele­bt werden, ihm wurde ein Defibrilla­tor eingesetzt. Mittlerwei­le ist der 30-Jährige bei Brentford und im Team eine Fixgröße. Rangnick: „Es ist ein Wunder.“

Rechtsvert­eidiger Christophe­r Trimmel sagt: „Natürlich sind wir in der Lage, die Dänen zu schlagen. Wir müssen lediglich die kleinen und großen Fehler vermeiden.“

 ?? ?? Teamchef Ralf Rangnick geht davon aus, dass man Dänemark trotz des 1:2 von Wien durchaus schlagen kann. Sofern die Frische passt.
Teamchef Ralf Rangnick geht davon aus, dass man Dänemark trotz des 1:2 von Wien durchaus schlagen kann. Sofern die Frische passt.
 ?? ?? Heinz Lindner bekommt in Kopenhagen die nächste Chance. Er duelliert sich mit Patrick Pentz um den Job im österreich­ischen Tor.
Heinz Lindner bekommt in Kopenhagen die nächste Chance. Er duelliert sich mit Patrick Pentz um den Job im österreich­ischen Tor.

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