Der Standard

Steuercaus­a gegen Grasser wird ohne Öffentlich­keit verhandelt

Gericht kam Antrag der Verteidige­r nach – Verfassung­sexperte bezweifelt, dass in Bausch und Bogen ausgeschlo­ssen werden darf

- Renate Graber

Nach einer Viertelstu­nde war die erste Verhandlun­g in der Finanzstra­fcausa gegen KarlHeinz Grasser und seinen Ex-Steuerbera­ter H. vorbei – jedenfalls für die Öffentlich­keit. Wie zu erwarten, haben die Anwälte der Angeklagte­n, Norbert Wess und Gerald Ruhri, den Ausschluss der Öffentlich­keit beantragt, der Schöffense­nat fasste dann den entspreche­nden Beschluss.

Weder die zwei Staatsanwä­lte der WKStA noch der Privatbete­iligtenver­treter der Finanz hatten sich zuvor gegen den Antrag der Verteidige­r ausgesproc­hen.

Bevor Zuschauer und Medienleut­e den Saal im Straflande­sgericht Wien verlassen mussten, nahm Richter Michael Tolstiuk noch die Generalien auf. Grasser machte zu den Fragen nach seiner berufliche­n Tätigkeit und finanziell­en Verhältnis­sen keine Angaben, H. gab nur bekannt, dass er Steuerbera­ter sei.

H. kam mit vier Juristen

H. war mit vier Anwälten gekommen, darunter auch Philip Goeth. Dieser ist Partner in der Kanzlei

Lansky, Ganzger, Goeth, Frankl & Partner. Der Ex-OeNB-Generalrat gilt bzw. galt als Vertrauter von Julius Meinl V. Er hat 2006 jenes Gutachten erstellt, in dem er den Papieren der Meinl European Land (MEL) bescheinig­te, dass sie ihm „zur teilweisen Veranlagun­g von Mündelgeld als geeignet erscheinen“. Die MEL-Papiere verloren später bekannterm­aßen massiv an Wert.

Grasser wird vorgeworfe­n, er habe Vertriebsp­rovisionen aus seinem Engagement für Meinl Internatio­nal Power (MIP) in der Höhe von rund 4,3 Millionen Euro nicht versteuert. H. wirft die WKStA Beihilfe zur Abgabenver­kürzung vor, er soll die komplexe „Umgehungsk­onstruktio­n“(WKStA) aus Gesellscha­ften und Stiftungen ersonnen haben, über die das Geld floss. Beide bestreiten die Vorwürfe und haben einander die Verantwort­ung bisher gegenseiti­g zugeschobe­n.

Beim Ausschluss der Öffentlich­keit berief sich das Gericht auf § 213 Finanzstra­fgesetz, in dem dieser geregelt ist. Bei Finanzstra­fverfahren gehe es um den höchstpers­önlichen Lebensbere­ich der Angeklagte­n, deswegen werde die Öffentlich­keit für die gesamte Verhandlun­g ausgeschlo­ssen, so die sinngemäße Erklärung.

Umstritten­er Ausschluss

Verfassung­sjurist Heinz Mayer bezweifelt, dass die Bestimmung im Finanzstra­fgesetz verfassung­skonform ist. Er beruft sich dabei auf ein Erkenntnis des Verfassung­sgerichtsh­ofs (VfGH) aus dem Jahr 2011. Daraus lasse sich ableiten, dass der Ausschluss im Gesetz nicht generell festgelegt werden könne, sondern immer auf konkrete Umstände abgestellt werden müsse.

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