„Erklärungsbedarf“bei der Suche nach neuem Medienförder-Chef
Früher erstgereihter Bewerber für RTR-Führung wird nicht ins Hearing eingeladen. Grüne und Neos zeigen sich irritiert
Wien – Am Dienstag finden die Hearings für die Führung der viele Millionen schweren Medienförderstelle RTR statt – aber nach STANDARDInformationen ohne jenen Bewerber, der nach dem Hearing 2017 erstgereiht war und sich neuerlich beworben hat: den Medienmacher und RTR-Kenner Sebastian Loudon.
Die Mediensprecherinnen von Grünen und Neos, Eva Blimlinger und Henrike Brandstötter, äußern sich gegenüber dem STANDARD irritiert über Loudons Ausschluss vom Hearing.
Für die Bestellung ist Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) zuständig. Im Kanzleramt verweist man auf ein unabhängiges Auswahlverfahren durch die externe Beratungsfirma Deloitte für die Führung der RTR.
2017 war Loudon nach dem Hearing für die Führung der RTR erstgereihter Bewerber – der damalige der Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) nahm einen anderen, im Hearingbefund deutlich weiter hinten platzierten Bewerber.
„Erklärungsbedürftig“
Als Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) Ende März den RTR-Geschäftsführer für den Medienbereich ausschrieb, der oder die regulär rund 57 Millionen Euro an Medienförderungen pro Jahr vergibt, bewarb sich Loudon neuerlich mit einem sehr selbstbewussten Konzept für die RTR. Der Datum-Herausgeber sieht sie als Kompetenzzentrum und Moderatorin für die Medienpolitik und schlug etwa ein geordnetes Zurückfahren von Regierungsinseraten zugunsten von Medienförderungen vor.
Loudon wurde „überraschend und ohne Angabe von Gründen“abgesagt, bestätigt er auf Anfrage. Er wollte „mit einer fachkundigen Kommission über mein Konzept für die RTR und ihre Bedeutung für die österreichische Medienlandschaft diskutieren“.
Das tut Eva Blimlinger, Mediensprecherin der Grünen: „Wenn man jemanden, der 2017 noch Erstgereihter bei der Bewerbung zum Geschäftsführer der RTR bei exakt gleicher Ausschreibung war und schon damals aus parteipolitischen Gründen das Nachsehen hatte, nicht zum Hearing einlädt, ist das aus meiner Sicht erklärungsbedürftig. Es erinnert mich an die Praxis an Universitäten in den 1990er-Jahren, keine Frauen zu Hearings zu laden, weil man keinesfalls wollte, dass es eine Frau wird.“
„Unglaubwürdig“
Henrike Brandstötter, Mediensprecherin der Neos, zeigt sich ebenfalls irritiert: „Sebastian Loudon hat als jemand, der vor fünf Jahren nachweislich übergangen wurde, den Willen und das Engagement gezeigt, sich trotzdem noch einmal dem Hearing zu stellen. Es ist unglaubwürdig, dass jemand, der sich 2017 schon beworben hat und damals Erstgereihter war, sich nun so verschlechtert haben soll, dass er sein Konzept nicht einmal vor der Kommission präsentieren kann.“Brandstötter verlangt Transparenz bezüglich der Kommission und deren Entscheidung.
Der Geschäftsführer oder die Geschäftsführerin der RTR entscheidet über einen Großteil der Medienförderungen. Er oder sie vergibt pro Jahr 20 Millionen Euro an kommerziellen Privatfunk, fünf Millionen Euro an nichtkommerzielle Sender, 20 Millionen Digitaltransformationsförderung an klassische Medien (2022 zum Start 54 Millionen) sowie 13,5 Millionen Euro für TVProduktionen. (fid)