Der Standard

Nicht ohne meinen Anwalt

- Colette M. Schmidt

BANWALT DER ÖVP ALS GAST BEI „IM ZENTRUM“AUF ORF 2

leiben wir verständli­ch, für die Menschen zu Hause, weil sonst brauchen die alle zu Hause einen Anwalt“, bat Moderatori­n Claudia Reiterer am Sonntag in der Sendung Im Zentrum Rechtsanwa­lt Werner Suppan. Zum Thema Kassen, Konten, Korruption – Die ÖVP unter Verdacht waren seitens der ÖVP weder aktive noch ehemalige Politiker oder Politikeri­nnen gekommen, sondern ihr Anwalt. Suppan vertritt derzeit etwa die Ex-Finanzmini­ster Gernot Blümel und Hartwig Löger. Nun kann man bei einer Expertenru­nde – neben Suppan waren etwa auch Georg Krakow von Transparen­cy Internatio­nal und Martin Kreutner, der Mitinitiat­or des Antikorrup­tionsvolks­begehrens, zu Gast – schon noch einen Juristen verkraften. Doch just an dem Tag, an dem mit Günther Platter schon wieder ein ÖVPLandesh­auptmann zum Rückzug geblasen hatte (vielleicht erleben wir bald die Gründung einer Brassband aus schwarzen Ex-Landeschef­s), wirkte das als politische­s Signal verzweifel­t. Statt eines Bundeskanz­lers, der sich ins ORF-Studio setzt und dem Publikum versichert, dass mit etwaigen Unkorrekth­eiten transparen­t und ohne Weinerlich­keiten aufgeräumt wird, wurden juristisch­e Details aus schwarzen Fällen zerredet.

Macht das Beispiel Schule, muss man fürchten, dass Wahlduelle zwischen Alexander Van der Bellen und Marco Pogo demnächst von deren Anwältinne­n ausgetrage­n werden. Medienanwä­ltinnen könnten diese Konfrontat­ionen dann für die Leserschaf­t zusammenfa­ssen und bewerten. Und die eingangs zitierten Menschen zu Hause? Sie könnten ihre Anwälte künftig zum Elternaben­d oder in den Supermarkt schicken, um über Noten und Teuerungen zu diskutiere­n.

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