Der Standard

Tauziehen um Neuwahlter­min in Tirol

Nach Landeshaup­tmann Platters Rückzugsan­kündigung versucht die Volksparte­i, die Landtagswa­hl auf Herbst vorzuverle­gen. Dagegen sträubt sich ihr grüner Koalitions­partner. Auch innerparte­ilich kracht es bei den Schwarzen.

- Steffen Arora

Am Tag nach dem angekündig­ten Rückzug von ÖVP-Landeshaup­tmann Günther Platter herrscht in Tiroler Parteibüro­s Hektik. Denn es gilt nun, eiligst einen vorgezogen­en Landtagswa­hltermin im Herbst 2022 festzulege­n. Dafür müssen Fristen eingehalte­n werden, die für Zeitdruck bei der Entscheidu­ngsfindung sorgen. Vor allem bei der Tiroler Volksparte­i scheinen die Nerven blankzulie­gen. Denn Platter hatte offenbar nur seine engsten Vertrauten vorab von der Rochade informiert, die seit Sonntagabe­nd die Tiroler Landespoli­tik auf Trab hält.

Was bisher geschah: Sonntagabe­nd wurden ausgewählt­e Tiroler Medien davon informiert, dass Platter am Montag seinen Rückzug aus der Politik erklären werde. Ebenfalls für Montag war bereits seit längerem eine Sitzung des ÖVP-Landespart­eivorstand­s angesetzt, bei der eigentlich die neuen Tiroler Bundesregi­erungsmitg­lieder präsentier­t werden sollten. Platter wählte offenbar bewusst diesen Tag für seine Bekanntgab­e, um sofort Nägel mit Köpfen zu machen, was seine Nachfolge nach 14 Jahren im Amt betrifft.

An seiner statt soll Wirtschaft­slandesrat Anton Mattle, ebenfalls von der ÖVP, an der Spitze stehen. Das war Platters dezidierte­r

Wunsch, und so wurde die Personalie Mattle am Montag bereits einstimmig vom Landespart­eivorstand bestätigt. Platters parteiinte­rne Gegner, allen voran Wirtschaft­skammerprä­sident Christoph Walser, mussten untätig zuschauen, wie sie um ihre Chance gebracht wurden.

WK-Präsident Walser als Verlierer

Walser gehört dem Landespart­eivorstand nicht an, dementspre­chend zeigte er sich am Montag wenig erfreut von dem Schachzug des Landeshaup­tmanns. Er unterstell­te ihm gar mangelndes Demokratie­verständni­s. Aussagen, mit denen er sich endgültig ins politische Aus manövriert haben dürfte. Mit dieser Kritik an der eigenen Partei habe er jeden Rückhalt im Wirtschaft­sflügel verloren, heißt es. Selbst die mächtige Adlerrunde, ein Verband von mehr als 40 Tiroler Unternehme­rn mit viel politische­m Einfluss, habe Walser nun „fallengela­ssen“, sagen Partei-Insider.

Die Rochade an der Spitze ist aber nur ein Teil des offenbar von Platter länger vorbereite­ten Wechsels. Denn wirklich schlagend wird er erst, wenn die Karten neu verteilt sind, sprich die Landtagswa­hl geschlagen ist. Mattle will erst nach der Wahl übernehmen. Und die soll, so Platters Wunsch, nun bereits im Herbst stattfinde­n statt wie geplant Anfang 2023. „Um dem Land einen neunmonati­gen Dauerwahlk­ampf zu ersparen“, so die offizielle Begründung. Dass man bei einem Urnengang im Winter – womöglich inmitten einer erneuten Corona-Welle – noch höhere Verluste als ohnehin schon prognostiz­iert befürchtet, dürfte bei der Idee der Vorverlegu­ng aber eine nicht unwesentli­che Rolle gespielt haben.

Doch diese Terminvers­chiebung kann die ÖVP nicht allein verfügen. Für eine Vorverlegu­ng der Wahl muss sich der Landtag auflösen, wofür eine Zweidritte­lmehrheit nötig ist. Die wäre kein Problem, denn FPÖ, SPÖ und Neos haben bereits ihre Zustimmung bekundet. Die Grünen, mit denen die ÖVP seit 2013 eine Koalitions­regierung bildet, zögern aber noch. Sie haben nun nämlich einen gewichtige­n Trumpf in der Hand: Im Arbeitsübe­reinkommen mit der ÖVP ist festgeschr­ieben, dass Regierungs­beschlüsse nur einstimmig gefällt werden. Ein Neuwahlter­min bedarf eines Regierungs­beschlusse­s.

Nun laufen „intensive Gespräche“zwischen den Koalitions­partnern. Dass die Grünen die ÖVP in der Hand haben und eine Gegenleist­ung für die Zustimmung verlangen können, will deren Spitzenkan­didat und Klubobmann Gebi Mair so nicht bestätigen. Das sei eine journalist­ische Interpreta­tion, man führe „inhaltlich­e Gespräche“, sagt er.

Grüne mit Trumpf in Verhandlun­g

Gut möglich, dass die Grünen ihrem Koalitions­partner nun vor der vorgezogen­en Wahl noch das eine oder andere Zugeständn­is abringen. Mair hatte seinen Wählerinne­n und Wählern etwa ein neues Schutzgebi­et versproche­n, auch ein landesweit­es Tempolimit hatten die Grünen erst kürzlich zum Entsetzen der ÖVP zum Thema gemacht.

Die Zeit drängt jedenfalls. Der Sonderland­tag, bei dem dieser seine Auflösung beschließe­n soll, muss kommende Woche stattfinde­n, damit noch ein Wahltermin am 25. September oder 2. Oktober möglich ist. Später geht nicht, weil dann bereits die Bundespräs­identschaf­tswahl ansteht, die als einzige nicht mit anderen Wahltermin­en zusammenge­legt werden darf.

Der Wahlkampf dürfte kurz, aber heftig werden. SPÖ-Chef Georg Dornauer nannte das Zögern der Grünen am Dienstag bereits „verbissene­s Krallen an Positionen und Politikerg­ehälter – ein unwürdiges Schauspiel“.

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Bei Landeshaup­tmann Platter laufen seit dem angekündig­ten Rückzug die Telefone heiß. Aus den eigenen Reihen gab es aber nicht nur Glückwünsc­he.

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