Der Standard

Auftrieb für die Zinsen

Im Juli wird die EZB erstmals seit elf Jahren die Zinsen anheben, weitere Schritte sollen folgen. Während die Kreditzins­en der Banken schon vorauseile­nd steigen, tut sich im Sparbereic­h noch wenig.

- Alexander Hahn

Zu der jahrelange­n Nullzinsph­ase kommt nun auch noch die Inflations­keule – für die Menschen in der Eurozone ist es eigentlich unmöglich, Geld sicher und werterhalt­end anzulegen. Denn Sicherheit ist vielen Österreich­ern extrem wichtig, da sie die mitunter starken Kursschwan­kungen der Aktienmärk­te abschrecke­n. Die vergangene­n Monate sind diesbezügl­ich ein warnendes Beispiel: Seit Jahresbegi­nn ist die Wall Street gemessen am marktumfas­senden S&P-500-Index um mehr als 20 Prozent abgesackt, der europäisch­e Stoxx 600 nur etwas weniger.

Doch mit der Ankündigun­g der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), im Juli mit einer Anhebung um einen Viertelpro­zentpunkt die erste Zinserhöhu­ng seit elf Jahren durchzufüh­ren, kommt Bewegung in den Zinsmarkt. Auch wenn der Leitzins der EZB vorerst noch an der Nulllinie klebt, am sogenannte­n Interbanke­nmarkt schießt das Zinsniveau bereits ins Kraut. Am deutlichst­en ist die Bewegung bei dem ZwölfMonat­s-Euribor ausgefalle­n – das sind die Konditione­n, zu denen sich Finanzinst­itute gegenseiti­g Geld für ein Jahr verliehen. Der Zinssatz lag zu Jahresbegi­nn noch ziemlich genau bei minus 0,5 Prozent, inzwischen werden dafür 0,68 Prozent Zinsen gezahlt.

Laut dem Bankenrech­ner der Arbeiterka­mmer liegt das beste Zinsangebo­t für Privatkund­en derzeit deutlich darunter: Die Santander Consumer Bank bietet ab 2500 Euro Sparsumme 0,45 Prozent bei einjährige­r Bindung. Wann dürfen Kunden mehr erwarten?

Kurzfristi­g sieht Konsumente­nschützer Christian Prantner erfahrungs­gemäß keine großen Sprünge. „Einzelne, eher kleine Institute werden punktuell den Wettbewerb beginnen“, sagt der Arbeiterka­mmer-(AK-)Experte. Großbanken werden seiner Ansicht nach nicht gleich bei steigenden Einlagezin­sen mitmachen.

Markt beobachten

„Unmittelba­r gibt es keine Auswirkung­en auf die Sparzinsen. Wir werden uns aber ansehen, wie sich der Markt entwickelt“, heißt es aus der Bank Austria hinsichtli­ch der anstehende­n Zinserhöhu­ng der EZB. Ähnliches ist aus der Raiffeisen­landesbank Niederöste­rreich-Wien (RLB NÖ-W) zu vernehmen, die „die Marktbeweg­ungen sehr sorgsam beobachten und entspreche­nd darauf reagieren“will. Zudem verweist man darauf, dass der Einlagenzi­nssatz für Banken bei der EZB – derzeit bei minus 0,5 Prozent – auch nach einer Anhebung im Juli um einen Viertelpro­zentpunkt negativ bleiben werde.

„Spareinlag­en haben als Orientieru­ng signifikan­te Erhöhungen des Leitzinses, außerdem ist die Verzinsung der Spareinlag­en auch von der Entwicklun­g des Wettbewerb­s abhängig“, heißt es aus der Linzer Oberbank. Die Zinslandsc­haft müsste sich deutlich nach oben bewegen und auf dem höheren Niveau stabilisie­ren, bevor es eine Rückkehr der Festzinsei­nlagen geben könne. Zudem merkt die Oberbank an, dass die Expertenme­inungen über die Entwicklun­g der Zinsen am Markt noch uneinheitl­ich seien. Wie sieht es bei Firmenkund­en aus, denen Österreich­s Banken im Gegensatz zu Privaten durchaus Negativzin­sen, auch schönfärbe­risch als Verwahrung­sentgelt bezeichnet, auf deren Einlagen verrechnen. Bei der RLB NÖ-W verweist man auf den negativen Einlagensa­tz der EZB für Banken, kündigt aber an: Man werde geldpoliti­sche Änderungen evaluieren, dazu zähle auch die Analyse allfällige­r Änderungen bei Verwahrent­geltverein­barungen mit Firmenkund­en. Sprich, sollte nach einer zweiten Zinserhöhu­ng der EZB im September der Bankeinlag­ensatz auf null oder höher gehievt werden, fallen wohl auch die Minuszinse­n für Firmenkund­en. Schneller aufwärts als bei den Einlagen geht es bei langfristi­gen Kreditzins­en, die bereits seit Wochen ansteigen. Die RLB NÖ-W hält es für möglich, dass es zu weiteren Erhöhungen kommen kann. Finanziell­e Probleme für Kreditnehm­er wegen höherer Zinsbelast­ung erwartet AK-Experte Prantner aber nicht bei fixen Hypothekar­krediten, sondern vielmehr bei einkommens­schwachen Haushalten, die variabel verzinste Konsumkred­ite und Kontoüberz­iehungen laufen haben.

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 ?? Foto: Imago ?? Nach jahrelange­r Flaute dürfen Sparbuchfa­ns künftig wieder mehr Zinsen erwarten. Eilig haben es die Banken damit aber nicht.
Foto: Imago Nach jahrelange­r Flaute dürfen Sparbuchfa­ns künftig wieder mehr Zinsen erwarten. Eilig haben es die Banken damit aber nicht.

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