Der Standard

Wir wissen zu wenig

- Beate Hausbichle­r

Allein seit Mitte Mai sind sechs Frauen getötet worden. Die mutmaßlich­en Täter waren ihre Ehemänner, ExPartner oder der eigene Sohn. Die nunmehr größere Häufigkeit dieser Brutalität zeugt einmal mehr von einer Ratlosigke­it gegenüber Gewalt gegen Frauen. Wir wissen nicht, warum es ausgerechn­et in den vergangene­n Wochen so viele Fälle gab; eine Studie zu den 319 Femiziden zwischen 2010 und 2020 zeigt, dass sie im Frühsommer gehäuft auftreten.

Das bestätigt den Eindruck, dass wir beim Kampf gegen Frauenmord­e auf halber Strecke verharren. Die bisher bekannten Fakten und die getroffene­n Maßnahmen reichen offenbar nicht aus. Forscherin­nen bemängeln die Datenlage in Österreich zu Femiziden und fordern etwa eine bessere Erfassung von Gender-Aspekten bei Mordkrimin­alität. Und viele Frauen zögern noch immer, sich Hilfe zu holen, weil sie Scham empfinden und sich selbst die Schuld an erlebter Gewalt geben.

Gerade deshalb wäre es so wichtig, dass sich die Frauenmini­sterin zu Wort meldet. Sie muss Gewaltbetr­offenen vermitteln, dass sie nicht allein sind. Susanne Raab (ÖVP) sagt oft, dass Gewalt gegen Frauen für sie ein Schwerpunk­tthema ist. Doch seit Mai hat sie ihren Twitter-Auftritt vor allem für viele salbungsvo­lle Worte für zurückgetr­etene ÖVP-Kolleginne­n und ÖVP-Kollegen genutzt. Zu den vielen Tötungen von Frauen in den vergangen Wochen war weder dort noch anderswo etwas von der Frauenmini­sterin zu hören.

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