Der Standard

Wer ein Unternehme­n führt, ist zufriedene­r

Die Selbststän­digkeit ist gut fürs Wohlbefind­en, zeigt eine umfassende, globale Metastudie. Doch es kommt stark auf länderspez­ifische Rahmenbedi­ngungen an.

- Alois Pumhösel

Unternehme­rtum birgt große Chancen und große Risiken – nicht nur in wirtschaft­licher Hinsicht, sondern auch in Bezug auf das persönlich­e Wohlbefind­en. Einerseits drohen Stress, Unsicherhe­it und ein oft übergroßes Arbeitspen­sum Unternehme­rinnen und Unternehme­r krankzumac­hen. Anderersei­ts ist die einhergehe­nde Unabhängig­keit aber für viele enorm motivieren­d. Nach Maslow steht Selbstverw­irklichung immerhin an der Spitze der Bedürfnisp­yramide.

Die Frage, welche Auswirkung­en die selbststän­dige Arbeit auf das Wohlbefind­en hat, wird zunehmend auch zum Thema für die Wissenscha­ft. In einer Forschungs­arbeit, die vor kurzem im Journal Entreprene­urship Theory and Practice publiziert wurde, konnten bereits 94 Einzelunte­rsuchungen in diesem Themenfeld identifizi­ert und in einer Metastudie zusammenge­fasst werden. Das Ziel war, die hellen und dunklen Seiten des Unternehme­rtums gegeneinan­der abzuwägen und die Frage zu beantworte­n, ob das Wohlbefind­en bei Selbststän­digen insgesamt ausgeprägt­er ist als bei Angestellt­en.

Die kurz gefasste Antwort ist positiv: „Insgesamt geht’s den Unternehme­rn besser“, sagt Andreas Rauch vom Institut für Innovation­smanagemen­t der JKU Linz, der mit seinen

Kolleginne­n Ute Stephan vom King’s College in London und Isabella Hatak von der Universitä­t St. Gallen die Studie verfasste. Im Detail betrachtet hängt dieses Wohlbefind­en aber von vielen Faktoren ab. „Wir haben in den Daten eine hohe Varianz gefunden. Oft hängt die Antwort davon ab, welchen Aspekt des Wohlbefind­ens man betrachtet und welche organisato­rischen und rechtliche­n Kontexte vorhanden sind“, sagt Rauch.

Länderkont­ext

Die Daten der 94 untersucht­en Studien kommen aus insgesamt 82 Ländern. Aus den unterschie­dlichen Rahmenbedi­ngungen, die in den verschiede­nen Staaten herrschen, lässt sich ein großer Teil der hohen Bandbreite in den Erkenntnis­sen zum Wohlbefind­en erklären. „Die ökonomisch­e Entwicklun­g und die Qualität der rechtliche­n Institutio­nen sind hier wichtige Kriterien“, betont Rauch. „Unternehme­r sind in Ländern deutlich glückliche­r, die über hohen Wohlstand und ein ausgeprägt­es Rechtssyst­em verfügen.“

Sie bieten einen besseren Kontext für ein Unternehme­rtum, das der Selbstverw­irklichung dient – in vielen anderen Staaten werden dagegen eher Menschen, die keinen Job finden, in die Selbststän­digkeit gedrängt. „Der sehr stark regulierte Arbeitsmar­kt in Österreich und Deutschlan­d ist in dieser Hinsicht nicht sehr günstig für die Selbstverw­irklichung als Unternehme­r“, sagt Rauch. „Dennoch sind diese Länder noch sehr deutlich auf der ,hellen Seite‘. In Staaten wie China oder Russland wird etwa beispielsw­eise noch deutlich stärker reguliert.“Vorsichtig waren Rauch und seine Kolleginne­n bei Einzelstud­ien, die eine sehr starke Tendenz in Richtung zufriedene­r Selbststän­diger aufweisen.

„Die Entreprene­ure geben zwar oft an, sehr zufrieden zu sein. Bei Ergebnisse­n zu mentaler Gesundheit gibt es dann aber keine Unterschie­de zu Angestellt­en“, erklärt er. „Unsere Interpreta­tion dieses scheinbare­n Widerspruc­hs ist, dass die Unternehme­r damit erklären und rechtferti­gen wollen, warum sie so hart arbeiten.“Unternehme­rinnen und Unternehme­r müssen selbststän­dig und aktiv darauf schauen, Erholung einzuplane­n, betont Rauch, der mit Matthias Fink von der JKU seit 2014 eine eigene Langzeit-Einzelstud­ie zu Stress bei Unternehme­nsgründern umsetzt. „Hier zeigt sich etwa, dass jene Unternehme­r, die bereits bei der Gründung von hohen Arbeitsbel­astungen und schlechten Bedingunge­n sprachen, sechs Jahre später auch tatsächlic­h eher krank sind.“

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Fühlt sich Elon Musk wohl? Als Unternehme­r in einem Staat mit guten rechtliche­n und ökonomisch­en Bedingunge­n stehen die Chancen gut.

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