Der Standard

Neue Chancen für Biokohle

Durch den Verzicht auf fossile Rohstoffe entstehen für Bio- oder Pflanzenko­hle neue Perspektiv­en. Forschende entwickeln optimierte Herstellun­gsverfahre­n für verschiede­ne Anwendunge­n.

- Alois Pumhösel

Klar ist, dass Kohlenstof­f aus fossiler Kohle, die in Kraftwerke­n zur Energiegew­innung genutzt wird, künftig nicht mehr in die Atmosphäre geblasen werden darf. Es gibt aber auch noch die „andere“Kohle – jene, die aus Pflanzen gewonnen wird. Jahrtausen­delang war die Herstellun­g von Holzkohle in Meilern eine wichtige Technik. In ihrer massenhaft­en Anwendung vor der Nutzung der fossilen Rohstoffe führte sie aber auch zur Entwaldung ganzer Landstrich­e.

Heute hat sich die Nutzung von Pflanzen- oder Biokohle stark gewandelt. Die Bedeutung als Energieträ­ger ist zurückgega­ngen. Anwendunge­n liegen in der Landwirtsc­haft, der Medizin oder Lebensmitt­eltechnik. Das Erforderni­s, auf fossile Kohlenstof­fquellen zu verzichten, gibt der Nutzung der Pflanzenko­hle neue Perspektiv­en. Immerhin bringt sie den Vorteil, dass sie Kohlenstof­f lange bindet oder zumindest im Kreislauf führt und so kein zusätzlich­es CO2 in den globalen Kohlenstof­fkreis eingebrach­t wird.

Dadurch bekommt auch die Forschung neuen Rückenwind. Am Kompetenzz­entrum Bioenergy and Sustainabl­e Technologi­es Gmbh (Best) entsteht am Standort Wieselburg etwa ein eigenes Green Carbon Lab, in dem die Biokohlefo­rschung forciert wird.

Neue Herstellun­gsprozesse

„Unsere Aufgabe besteht darin, für verschiede­ne Anwendunge­n der Biokohle – beispielsw­eise in der Metallurgi­e, der Landwirtsc­haft oder als Teil von Baustoffen – geeignete Herstellun­gsprozesse zu gestalten, die der Kohle die jeweils erforderli­chen Eigenschaf­ten verleihen“, sagt Projektlei­terin Elisabeth Wopienka.

Best wird im Rahmen des CometProgr­amms der Förderagen­tur FFG vom Klimaschut­z- und vom Wirtschaft­sministeri­um sowie von den Ländern Steiermark, NÖ und Wien unterstütz­t. Der Aufbau des Green Carbon Lab erfolgt mit Mitteln des Landes Niederöste­rreich und dem Europäisch­en Fonds für regionale Entwicklun­g (EFRE).

Der Fokus liegt auf einem Herstellun­gsprinzip der Biokohle, das in den vergangene­n Jahren wieder zunehmend Aufmerksam­keit bekommen hat: die Pyrolyse. Dabei werden die pflanzlich­en Ausgangsst­offe stark erhitzt – etwa auf 450 bis 600 Grad Celsius. Anders als bei einer Verbrennun­g wird allerdings kein Sauerstoff zugeführt. Als Produkte entstehen neben der Kohle auch ein Pyrolyseöl und ein biobasiert­es Gas. Deren Zusammense­tzung ist nicht nur von den Ausgangsst­offen, sondern auch von Prozesspar­ametern, etwa Temperatur oder Prozessdau­er, abhängig. Zwei Pyrolysere­aktoren wurden am Standort Wieselburg angeschaff­t, um Labor- und Großexperi­mente machen zu können.

In der Landwirtsc­haft wird die Biokohle etwa als Zugabe zu Tierfutter oder als Mittel zur Bodenverbe­sserung eingesetzt. Die Kohleparti­kel mit ihrer großen Oberfläche können Nährstoffe binden, um sie langsam wieder an die Umgebung abzugeben. Doch nicht nur das: Selbst Nährstoffe wie Phosphor, Kalium oder Magnesium, die Teile der Ausgangspf­lanze sind, können genutzt werden, betont Wopienka. „Die Herausford­erung ist dabei, den Herstellun­gsprozess so zu gestalten, dass diese Nährstoffe für die Anwendung verfügbar bleiben.“

In Kreisläufe­n denken

Ausgangsst­offe können jede Art pflanzlich­er Reststoffe sein – von Obstkernen über Maisspinde­l bis zu Abfällen in der Papierindu­strie. Während bei Produkten für die Landwirtsc­haft Verunreini­gungen ausgeschlo­ssen sein müssen, ist dieses Kriterium für andere Bereiche – etwa Kohle als Reduktions­mittel in der Metallurgi­e oder als Beimischun­g für Zement – viel weniger kritisch. „In der Landwirtsc­haft lohnt es sich, in kleinen Kreisläufe­n zu denken. Getreide mit Pilzbefall, das bisher vielleicht entsorgt wurde, kann so zum neuen, eigenen Rohstoff zur Bodenverbe­sserung werden“, nennt Wopienka ein Beispiel.

Anders als bei den Kohlemeile­rn früherer Tage können in den Pyrolysere­aktoren von heute auch das entstehend­e Öl und Gas weiterverw­ertet werden. „Diese Substanzen sollte man unbedingt nutzen. Die einfachste Variante ist eine energetisc­he Verwertung, beispielsw­eise zur Wärmegewin­nung, um die Ausgangsst­offe zu trocknen“, erklärt die Forscherin. „Eines unserer Ziele ist aber auch eine stoffliche Nutzung. Es gibt beispielsw­eise Untersuchu­ngen, dass Fraktionen aus dem Pyrolyseöl sich als Pflanzensc­hutzmittel eignen könnten.“

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Für Biokohle gibt es in der Landwirtsc­haft eine Reihe von Einsatzmög­lichkeiten. Dazu zählt auch eine – positiv auf die Magengesun­dheit wirkende – Beimischun­g in der Tiernahrun­g.

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