Expertenlob und Oppositionskritik
Politisch sorgt das Entlastungspaket der Bundesregierung für geteilte Reaktionen. Türkis-Grün agiere inmitten der aktuellen Teuerungswelle endlich proaktiv, sagen Politologen. Ob das der Koalition helfe, sei jedoch fraglich. Die Opposition stellt unterdessen zusätzliche Forderungen wie Preisdeckel und Steuersenkungen.
Die Regierung pries ihr Antiteuerungspaket mit Superlativen. Auch von vielen Fachleuten gab es Lob. Die Sozialpartner bewerteten die Umsetzung zwar weitgehend positiv, Gewerkschaften, Arbeiterkammer und NGOs sahen aber auch zentrale Versäumnisse. Und die Oppositionsparteien fanden am vorgestellten Plan naturgemäß mehrerlei kritikwürdig.
Dass die Maßnahmen insgesamt positiv bewertet würden, erschwere Kritik durch die Opposition, sagt Politikberater Thomas Hofer. „Es ist dennoch nicht davon auszugehen, dass deshalb die Sympathiewerte der Regierung plötzlich in die Höhe schnellen.“Schließlich, und das sagt auch der Politologe Peter Filzmaier, handle es sich um ein Krisenthema. Da gehe es vor allem um Abfederung und einen Dämpfungseffekt. Bestenfalls hätten Teile der Bevölkerung das Gefühl, sie können die Kosten des Alltagslebens nun etwas besser berappen – und würden es den Regierungsparteien danken.
„Die Regierung hat die letzte Möglichkeit ergriffen, proaktiv zu handeln“, sagt Filzmaier. Oder wie Hofer es nennt: „Es ist ein Lebenszeichen der Koalition.“Darüber hinaus seien mit der Abschaffung der kalten Progression jahrzehntelange politische „Wiedergänger“umgesetzt worden. Eine langanhaltende Trendumkehr für die in Umfragen deutlich angeschlagene Regierung erwartet Hofer dennoch nicht: Das Paket sei ein wichtiges Gegengift, das aber nicht lange anhalten wird.“
Kritik an Einmalzahlungen
Schärfere Töne stimmten die Oppositionsparteien gegenüber dem STANDARD an. Josef Muchitsch, Arbeits- und Sozialsprecher der SPÖ, kritisiert, dass zwar mehrere Sozialleistungen künftig an die Inselpreis, flation angepasst werden, nicht aber das Arbeitslosengeld, die Sozialhilfe und die Ausgleichszulage. „Ich kann mich als Bundeskanzler nicht hinstellen und von einem sozial gerechten Paket sprechen, wenn dann hunderttausende Menschen ausgenommen sind“, sagt Muchitsch.
Das Prinzip der Einmalzahlungen kritisiert er, weil diese nicht langfristig beim Einkaufen wirken würden. „Wenn die Inflation weiter steigt, was ist dann im Jänner, Februar, März?“, fragt Muchitsch. Die SPÖ fordere daher einen Preisdeckel bei Grundnahrungsmitteln, Energie, Treibstoff und Mieten.
Der Budgetsprecher der FPÖ, Hubert Fuchs, kritisiert, dass „die Ursachen der Inflation nicht bekämpft werden“. Ohne dämpfende Maßnahmen werde durch das Paket nichts billiger, sagt Fuchs. Zwar könnten viele Faktoren von Österreich aus nicht beeinflusst werden. Beim Diewo 49 Prozent aus Steuern und Abgaben bestehen, gebe es aber Möglichkeiten zur Preisreduktion. Die FPÖ fordert eine massive Senkung von Steuern und Abgaben.
Laut Neos nicht treffsicher
Auch die Kosten von Grundnahrungsmitteln und Mieten müssten laut Fuchs reduziert werden. Die Abschaffung der kalten Progression solle zudem nicht erst mit 2023, sondern rückwirkend zum 1. Jänner 2022 greifen: „Das wäre eine direkte Entlastung der Steuerzahler.“
Neos-Budgetsprecherin Karin Doppelbauer spricht von einem „Gießkannenprinzip“, mit dem es für alle ein bisschen etwas gebe. Treffsicherheit würde definitiv anders aussehen, das Budget werde aber stark belastet. Die angepeilte Senkung der Lohnnebenkosten sei dagegen zu gering, um tatsächlich zu entlasten. Bei der Abschaffung der kalten Progression komme es darauf an, nach welchem Modell der Automatismus zur Erhöhung der Steuerstufen berechnet werde. „Ich bin gespannt, wie viel von der Inflation im Endeffekt tatsächlich an die Menschen zurückgegeben wird.“
Die durch die Abschaffung der kalten Progression wegfallenden Mehreinnahmen für den Staat müssten zudem anders kompensiert werden. Aus Sicht der Neos solle das durch Einsparungen mit einer Pensions- und Föderalismusreform passieren. „Ein schneller Gewinn wäre außerdem, sich die umweltschädlichen Förderungen anzuschauen“, sagt Doppelbauer.
Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) schloss weitere Maßnahmen wie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel am Donnerstag nicht aus. Der Nationalrat tritt in Sachen Paket am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammen.