Der Standard

Zerstritte­ne AfD sucht eine neue Führung

Umstritten­er Chef, keine Wahlerfolg­e mehr: Die deutschen Rechtspopu­listen erleben schwierige Zeiten

- Birgit Baumann aus Berlin

Der Dank der AfD geht diese Woche nach Karlsruhe. Dort hat ihr das Bundesverf­assungsger­icht einen kleinen Moment des Triumphes gegönnt.

Es urteilte, dass die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel im Februar 2020 das Neutralitä­tsgebot und somit die Rechte der AfD verletzt habe. Damals hatte sie gefordert, die Wahl des FDP-Mannes Thomas Kemmerich zum thüringisc­hen Ministerpr­äsidenten mithilfe von AfD-Stimmen müsse rückgängig gemacht werden.

Doch der Richterspr­uch ist nur eine kleine Freude in einem großen Haufen von Problemen. Schon seit längerem läuft es für die AfD, die am Freitag ihren dreitägige­n Parteitag samt Neuwahl der Führung startet, nicht mehr gut. Sie hat viel verloren: neun Landtagswa­hlen, auch Stimmen bei der Bundestags­wahl, viele Mitglieder und einen Chef.

Jörg Meuthen warf im Jänner nach sechs Jahren an der Spitze das Handtuch. Seither führt Tino Chrupalla die Partei allein. Die beiden waren sich zuletzt spinnefein­d, der vergleichs­weise gemäßigter­e Meuthen hatte versucht, die AfD nicht noch weiter nach rechts außen driften zu lassen.

Es gelang ihm nicht, das zeigt auch, dass die AfD seit März beim Bundesamt für Verfassung­sschutz als „Verdachtsf­all“im Bereich Rechtsextr­emismus geführt wird.

Gegnerscha­ft von außen hat die AfD oft zusammenge­schweißt. Doch mittlerwei­le gibt es keinen Burgfriede­n mehr.

„Tino Chrupalla und sein Team haben versagt“, sagt die Bundestags­abgeordnet­e Joana Cotar. Der Parteiund Fraktionsc­hef habe auf die falschen Themen gesetzt, komme bei den Menschen nicht an, zeige keine Kritik- und Führungsfä­higkeit, so die Klage in der Süddeutsch­en Zeitung, die viele teilen.

Eine „Kernsanier­ung“fordert der Bundestags­abgeordnet­e Norbert Kleinwächt­er. Vielen missfällt Chrupallas russlandfr­eundlicher Kurs. Dennoch will Chrupalla noch einmal als Bundesspre­cher antreten.

Der Malermeist­er aus Sachsen hatte auf die Kritik an seiner Person auch eine etwas eigenwilli­ge Replik parat. Er erinnerte an Camping in seiner Jugend und erklärte: „Da haben sich immer diejenigen beschwert, dass es nass im Zelt ist, das waren immer diejenigen, die selbst ins Zelt gepinkelt haben.“

Kleinwächt­er tritt gegen ihn an, vielleicht werfen auch noch andere ihren Hut in den Ring. Björn Höcke, Rechts-außen aus Thüringen, hat durchblick­en lassen, dass er seinen Einfluss vergrößern möchte. Wie weit er gehen will, war aber vor dem Parteitag noch nicht klar.

 ?? Foto: Imago/Spicker ?? Der Sachse Tino Chrupalla führt die AfD derzeit allein.
Foto: Imago/Spicker Der Sachse Tino Chrupalla führt die AfD derzeit allein.

Newspapers in German

Newspapers from Austria