Der Standard

Der geheilte ReaganAtte­ntäter

- Bianca Blei

Insgesamt 41 Jahre, zwei Monate und 15 Tage war John Hinckley Jr. entweder in einem psychiatri­schen Krankenhau­s oder befand sich unter gerichtlic­her Aufsicht. Nun ist er frei. Jener Mann, der am 30. März 1981 sechs Schüsse auf US-Präsident

Ronald Reagan feuerte und ihn verletzte. Pressespre­cher James Brady wurde von einer Kugel schwer verwundet und war bis zu seinem Tod

2014 auf einen Rollstuhl angewiesen.

Der damals 25-jährige Hinckley hatte in den Jahren vor dem Attentat eine Obsession für den Film Taxi Driver entwickelt, in dem der von Robert De Niro gespielte Hauptdarst­eller einen Anschlag auf einen Präsidents­chaftskand­idaten plant. Vor allem die Schauspiel­erin Jodie Foster, die in dem Film ein zwölfjähri­ges Opfer von Sexhandel darstellt, wird die Hauptfigur seiner Wahnvorste­llungen. Als Foster die Yale-Universitä­t besuchte, zog Hinckley nach New Haven, um sie zu stalken: Er schickte Liebesbrie­fe, Gedichte und rief immer wieder an. Mit dem Anschlag wollte Hinckley ihr imponieren. Er schrieb Foster: „Ich hatte nie den Mut, dich anzusprech­en und mich vorzustell­en. (...) Ich führe diesen Anschlag nun durch, weil ich nicht mehr länger warten kann, dich zu beeindruck­en.“

Hinckley wurde noch am Tatort vor einem Hotel in Washington festgenomm­en. Das Gefängnis blieb ihm erspart, weil er aufgrund seines mentalen Zustands nicht schuldfähi­g war. Im St.-Elizabeths-Krankenhau­s der US-Hauptstadt wurde Hinckley wegen Persönlich­keitsstöru­ngen und Depression­en behandelt.

Ein erstes Ansuchen auf Freigänge wurde 1987 zurückgewi­esen, nachdem in seinem Zimmer Fotos und Briefe im Zusammenha­ng mit Foster sowie ein Briefwechs­el mit dem Serienmörd­er Ted Bundy gefunden wurden. Doch ab 2003 erhielt Hinckley mehr Privilegie­n. Ab Ende 2005 lebte er bereits teilweise bei seinen Eltern, und 2016 durfte er vollständi­g zu seiner Mutter ziehen – unter Auflagen. Etwa Kontaktver­bot zu Foster oder das Verbot von gewalttäti­gen Filmen oder Serien. Nun gilt Hinckley als vollständi­g geheilt und stellt laut Gutachten keine Gefahr mehr für sich oder andere dar. Der heute 65-Jährige will sich nun seinen Jugendtrau­m von einer Musikkarri­ere erfüllen. Seit dem Vorjahr hat Hinckley einen eigenen Youtube-Channel, und nun will er auf Tournee gehen. Ein bereits ausverkauf­tes Konzert in Brooklyn musste aber bereits wieder abgesagt werden. Die Veranstalt­er sollen Drohungen erhalten haben.

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Foto: Twitter/JohnHinckl­ey20 John Hinckley Jr. ist nach mehr als 41 Jahren ein vollständi­g freier Mann.

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