Der Standard

Geldwäsche­verdacht in der Baubranche

In der Causa Preisabspr­achen bei Bauprojekt­en im ganzen Land kam es jüngst zu einer Hausdurchs­uchung bei einem Anwalt und in seiner Kanzlei. Die WKStA wirft ihm und einem Strabag-Manager Geldwäsche und schweren Betrug vor.

- Renate Graber

Die Causa ist umfangmäßi­g wahrschein­lich die größte, mit der sich die österreich­ische Justiz derzeit beschäftig­t: In der Sache Baukartell ermittelt die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) gegen 850 Beschuldig­te, darunter waren zuletzt rund 135 Unternehme­n. In den seit 2016 laufenden Ermittlung­en geht es um den Vorwurf, viele österreich­ische Bauunterne­hmen bzw. deren Mitarbeite­r hätten über mehr als ein Jahrzehnt hinweg systematis­ch ihre Preise abgesproch­en, bei Projekten im ganzen Land.

Bis jetzt hat die WKStA laut Unterlagen im Akt für den Zeitraum 2006 bis 2017 mehr als 350 Vergabever­fahren identifizi­ert, bei denen es zu solch wettbewerb­swidrigem Verhalten gekommen sein soll. Der Schaden liegt jenseits der 100 Millionen Euro. Unter den Beschuldig­ten sind Großkonzer­ne wie Strabag und Porr (sie kooperiere­n und haben im Rahmen des Verfahrens bei der Bundeswett­bewerbsbeh­örde schon Kartellstr­afen ausgefasst; siehe Wissen), aber auch mittlere und kleine Bauunterne­hmen. Für sie alle gilt die Unschuldsv­ermutung. Es geht um den Verdacht auf „wettbewerb­sbeschränk­ende Absprachen bei Vergabever­fahren“gemäß § 168b Strafgeset­zbuch und um schweren Betrug.

Geldwäsche­verdacht

Vor kurzem ist ein weiterer Strang in der Causa dazugekomm­en – und zwar ein ziemlich spektakulä­rer. Die WKStA ermittelt nun auch gegen einen Anwalt einer großen Rechtsanwa­ltskanzlei, der unter anderem die Strabag rechtlich berät. In dem Fall geht es um den Verdacht der Geldwäsche­rei und des schweren Betrugs – und die Behörde hat bePreisabs­prache reits Hausdurchs­uchungen durchgefüh­rt. Die Ermittler waren nicht nur im Haus des Juristen, sondern haben auch in der Kanzlei, deren Partner er ist, nach Unterlagen und Datenträge­rn gesucht. Durchsuchu­ngen bzw. freiwillig­e Nachschaue­n in Rechtsanwa­ltskanzlei­en sind sehr heikel und gesetzlich genau geregelt.

Rückzahlun­g an Kunden

Was dem Juristen und einem Mitarbeite­r der Strabag vorgeworfe­n wird: Sie sollen im Herbst 2019 einem Möbelkonze­rn 840.000 Euro zurückbeza­hlt haben. Dieses Geld soll aber aus den inkriminie­rten Handlungen stammen: aus Mitteln also, die die Strabag aus illegalen Preisabspr­achen lukriert haben soll. Konkret ging es um einen Auftrag des Möbelhause­s in Klagenfurt, den Strabag und ein zweites Unternehme­n an Land gezogen hatten. Das ist laut WKStA Geldwäsche.

Zudem sollen sie damit einen schweren Betrug gegenüber dem Möbelhaus begangen haben. Dies deshalb, weil sie als Grund für die Rückzahlun­g angegeben hätten, sie hätten beim Neubau in Klagenfurt um diese 840.000 Euro zu viel verrechnet. Tatsächlic­h sei der durch die entstanden­e Schaden des Kunden höher gewesen, so die WKStA. Laut ihr haben die Strabag und ihr Projektpar­tner damals als vermeintli­ch günstigste Anbieter einen Auftrag bei der Neuerricht­ung des Möbelhausk­omplexes bekommen; vier andere Unternehme­n waren im Rahmen der Absprachen dafür zurückgest­anden.

Im Herbst 2019 – das Kartell war 2016 u. a. von der Bundeswett­bewerbsbeh­örde (BWB) aufgedeckt

worden – sollen der Anwalt und ein Strabag-Mitarbeite­r dem Möbelkonze­rn dann mitgeteilt haben, dass man damals um 840.000 Euro „zu viel verrechnet“habe, weswegen man die Summe als Schadeners­atz überweisen werde. Trotz „eindringli­cher Nachfragen“des Kunden hätten die Beschuldig­ten die wahre Herkunft des Geldes verschleie­rt und ihn durch Täuschung dazu verleitet, keine weiteren Schadeners­atzansprüc­he geltend zu machen.

Der beschuldig­te Anwalt bestreitet die Vorwürfe und gibt auf Anfrage des STANDARD keinen weiteren Kommentar zu der Angelegenh­eit ab. Auch von der Strabag ist keine Stellungna­hme zu bekommen.

All das hat jedenfalls auch einen Konnex zum Kartellver­fahren, in dem die Strabag als Kronzeugin aufgetrete­n ist. Von Verfahrens­beteiligte­n ist zu hören, dass der Staatsanwa­lt den gesamten Akt des Kartellger­ichts zu dieser Causa (also inklusive Kronzeugen­regelung) angeforder­t und ihn inzwischen auch bekommen habe. Von der Akteneinsi­cht, die den Beschuldig­ten und ihren Rechtsanwä­lten zusteht, ist er allerdings dem Vernehmen nach ausgenomme­n.

Streit um Kartellakt

Ob der Kartellger­ichtsakt und die Informatio­nen daraus im Strafverfa­hren verwendet werden dürfen, ist rechtlich gerade heiß umstritten. Jedenfalls hat die Strabag Rechtsmitt­el dagegen eingebrach­t, dass der Akt bei den Wirtschaft­s- und Korruption­sermittler­n gelandet ist und im Strafverfa­hren verwertet werden darf.

Entschiede­n wurde darüber aber noch nicht.

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Foto: Imago Die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft ermittelt in der Causa gegen 850 Beschuldig­te.

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