Venezuela könnte Europas Abhängigkeit von russischem Gas lindern
Ein 2020 verhängtes Ölembargo wird jetzt aufgeweicht – Italien und Spanien dürfen Öl aus Venezuela holen
Wien – Europa will raus aus der Energieabhängigkeit von Russland. Doch es ist kein leichtes Unterfangen, Ersatzquellen für Gas und Öl aufzustellen. Bei Öl richten sich die Blicke jetzt nach Venezuela. Das Land verfügt über die weltweit größten nachgewiesenen Ölreserven, ist vom Westen aber mit einem Ölembargo belegt. Hintergrund ist die politische Lage im Land.
In Venezuela tobt seit Jahren ein Machtkampf zwischen dem sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro und der Opposition. Maduros Wiederwahl im Jahr 2018 wurde von den USA und vielen westlichen Staaten nicht anerkannt. Die USA haben damals Sanktionen gegen Venezuela verhängt, vor allem das Öl betreffend. 2020 wurden die Sanktionen verschärft – seither gibt es ein generelles Verbot für Geschäfte mit venezolanischen Staatsunternehmen.
Diese Strategie könnte nun überdacht werden, wie mehrere Medien am Freitag berichteten. Lieferengpässe, die durch die EU-Sanktionen gegen viele Rohöllieferungen aus Russland hervorgerufen wurden, müssen ausgeglichen werden. Und hier kommt Venezuela wieder ins Spiel. Das US-Außenministerium hat es der italienischen Eni und der spanischen Repsol nun erlaubt, venezolanisches Rohöl nach Europa zu verschiffen.
Eni hat nach Angaben von Bloomberg zwei Schiffe gebucht, diese könnten noch im Juni mit der Beladung beginnen. Einer der von Eni gecharterten Öltanker soll sich bereits in venezolanischen Gewässern befinden. Die unter griechischer Flagge fahrende Aframax Minerva Zoe nähert sich laut Euronews einem Gebiet, in dem nach Venezuela fahrende Tanker auf zugewiesene Ladefenster warten. Die genehmigten Lieferungen sind daran geknüpft, dass das Öl aus Venezuela nur nach Europa transportiert und nicht in andere Länder weiterverkauft wird.
Aufgrund des Ölembargos lagen bisher auch die Beteiligungen von Eni und Repsol auf Eis, die die Energieunternehmen an mehreren venezolanischen Erdgas- und Erdölprojekten haben. Die jetzt erzielte Vereinbarung soll auch auf die Abgeltung offener Rechnungen abzielen. Mit Eni und Repsol werde der Öl-gegen-Schulden-Tausch wieder aufgenommen, der bis zur US-Sanktionsverschärfung im Jahr 2020 den Export von venezolanischem Rohöl ermöglichte. Viele Unternehmen – darunter auch Energiekonzerne – haben gegenüber dem verstaatlichten Ölkonzern Petróleos de Venezuela (PDVSA) einen Berg an Forderungen angehäuft. Im Fall von Eni soll die US-Ausnahmegenehmigung einen Gegenwert von bis zu 1,3 Milliarden Euro haben.
Andere Konzerne, etwa der USKonzern Chevron, die indische Oil and Gas Corp und Maurel & Prom aus Frankreich haben keine Ausnahmegenehmigung von den USA bekommen. Dass mit diesen Ausnahmegenehmigungen die Sanktionen gegen Venezuela enden, ist nicht angedacht. „Unsere Sanktionen gegen Venezuela bleiben in Kraft“, sagt ein Sprecher des USAußenministeriums. (bpf)