Der Standard

Walzer ohne Regenzugab­e

Sommernach­tskonzert der Philharmon­iker hatte Künstler- und Wetterglüc­k

- Ljubiša Tošić

Das Sommernach­tskonzert der Wiener Philharmon­iker ist ja auch schon ein Veteran unter den Open-Air-Events. Hätte es Enkel, könnte es ihnen schildern, wie sich einst die Elemente Wind und Regen des Öfteren zusammenge­tan hatten, um die Veranstalt­ung an den Rand der Absage zu bringen. Bezüglich des vorigen Donnerstag­s allerdings wäre von einem kleinen Wunder zu berichten gewesen. Obwohl es in Wien da und dort Regengüsse gab, brachte Dirigent Andris Nelsons das Schönbrunn­er Programm ins Trockene.

Inhaltlich gab es angesichts des Ukraine-Krieges symbolisch­e Repertoire­momente. Wenn man das aus klangliche­r Düsternis aufsteigen­de, strahlende Melos von Beethovens Ouvertüre Nr. 3 (zu Leonore op. 72) hernimmt, war das auch eine Geste, die für Freiheit und gegen Unterdrück­ung stehen wollte. Man interpreti­erte aber auch den Abschiedsw­alzer des Ukrainers Mykola Lysenko. Nelsons gab dem Stück jene schwebende Melancholi­e, die der Walzerchar­akter ja auch für sich beanspruch­t.

Ein Höhepunkt gewiss der französisc­he Cellist Gautier Capuçon: Er durchlebte lustvoll alle Dramen der Virtuositä­t und war bei Camille Saint-Saëns’ erstem Konzert für Violoncell­o op. 33 dann doch auch der emphatisch­e instrument­ale Orpheus. Später zelebriert­en die Wiener Philharmon­iker bei Gioachino Rossinis Ouvertüre zur Diebischen Elster die Kunst der effektvoll­en Beschleuni­gung oder ließen George Enescus erste Rumänische Rhapsodie entschiede­n feurig an die delikaten Segnungen einer stilisiert­en Folklore erinnern.

Schließlic­h fand das Orchester mit Nelsons, der das Orchester demnächst auch indoor leiten wird (Musikverei­n am 18. und 22. 6; Konzerthau­s am 21. 6.) bei Dvořáks Slawischem Tanz in e-Moll (op. 72/2) zu eleganter und dabei unaufdring­licher Wehmut. Diese Leichtigke­it der Schwermut nahm man auch mit zu Johann Strauss und dessen Wiener Blut. Publikumsm­äßig wurden noch nicht wirklich Spitzenzah­len erreicht, die schon mal über 100.000 lagen. Immerhin waren es aber doch an die 65.000 Hörfreudig­e.

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Foto: APA Zu Recht gefeiert und darob gut gelaunt: Gautier Capuçon.

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