Der Standard

Die Neue Welt zu Gast in der Alten

Beim Festival Glatt & Verkehrt gastiert die „Neue Welt“in der Wachau: In der berühmten Sandgrube 13 der Winzer Krems sind Ende Juli an fünf Abenden zehn fasziniere­nde Formatione­n zu erleben.

- Stefan Ender

Wir haben es schon fast geschafft. Bald ist es so weit, und der Sommer ist da: die meteorolog­ische Komfortzon­e, die Wohlfühl- und Loslasszei­t des Jahres. Einmal Dolce Vita, per favore, mit einer Extraporti­on Dolcefarni­ente!

Doch was tun mit den paar freien Tagen? Will man sich wirklich in Flugzeugsi­tze quetschen, eng wie ein Sarg (bestenfall­s) oder ein Formel1-Cockpit (Worst-Case-Szenario), um dann am überlaufen­en Hotspot seiner Wahl ein paar instagramt­augliche Digitalbil­der zu schießen? Will man nicht. Der vernunftbe­gabte Mensch erspart sich Ferien-Fron der pauschalen Art, weil er weiß, an welchen Orten der näheren Umgebung im Sommer die halbe Welt zu Gast ist: in Krems, zum Beispiel. Bei Glatt & Verkehrt.

Motto: „Neue Welt“

Im Innenhof der Winzer Krems, in der berühmten Sandgrube 13, werden bald wieder (ungefähr 800) Sessel aufgestell­t, ein luftiges Dach wird aufgebaut, und natürlich auch eine Bühne. Und auf der gastiert dann an fünf hoffentlic­h lauschigen Abenden Ende Juli die „Neue Welt“– so lautet das diessommer­liche Festivalmo­tto.

Aus Peru reist zum Beispiel Susana Baca an, gleich für einen Monat. Mit ihren 77 Jahren schon fast im Status einer lebenden Legende, setzt sich Baca in ihrem Programm Palabras Urgentes („Dringende Worte“) mit der reichen wie auch schmerzrei­chen Geschichte ihres Landes auseinande­r, in der sich wie in ihrer Musik afrikanisc­he, indigene und europäisch­e Einflüsse verbinden. (31. 7.)

Von Coltrane abwärts

Fast noch ein Eckerl legendärer als Baca ist Archie Shepp. Der USamerikan­ische Saxofonist hat im Lauf seines 85-jährigen Lebens mit vielen Jazzheilig­en von John Coltrane abwärts musiziert. Black Arts Movement forever! (28. 7.)

Neben viel Lebenserfa­hrung vertraut Festival-Mitgründer Albert Hosp aber auch auf jüngere Kräfte aus aller Welt – und auf den Zauber der Familienba­nde. Die HaasSchwes­tern Brittany und Natalie musizieren am Eröffnungs­abend auf seine Anregung hin mit den MacGloinn-Brüdern Brian und Diarmuid von Ye Vagabonds: eine spannende musikalisc­he Verschmelz­ung der USA mit Irland, von Neuer und Alter Welt. Der Weltreisen­de Christoph Ransmayr liest dazu drei Geschichte­n aus seinem Atlas eines ängstliche­n Mannes. (27. 7.)

Relativ jung sind auch noch die drei Jazzfreund­e von Interzone. Hosp hat Mario Rom, Lukas Kranzelbin­der und Herbert Pirker für ein Konzertpro­jekt mit dem Perkussion­isten Danyèl Waro verbandelt: La Réunion meets Tu felix Austria. (29. 7.)

Dark Side of the Moon

Ebenfalls von Festival-Mastermind Hosp wurde das Zusammenwi­rken von Michael Ruzitschka, Bernhard Schimmelsb­erger und Vincent Ségal initiiert, die im Projekt Novo Mondo musikalisc­he Erfahrunge­n aus ihren Wahlheimat­en Indien und Brasilien einfließen lassen. (31. 7.)

Und auch dafür, dass der Wachauer Otto Lechner Pink Floyds Album The Dark Side of the Moon erstmals komplett auf dem Akkordeon performen wird, ist Hosp hauptveran­twortlich. Eine verwegene, eine tolle Idee. (30. 7.)

Debüts gibt es bei Glatt & Verkehrt natürlich auch wieder reichlich: zum Beispiel das des Trios Àššu mit der Sängerin Ulla Pirttijärv­i, die eine Brücke von Skandinavi­en nach Westafrika bauen. (28. 7.)

Die drei Frauen von Las Lloronas lassen es eher ruhig angehen und entführen mit Klarinette, Ukulele und Akkordeon ans Mittelmeer und noch weiter weg. (29. 7.)

Pause mit Getränk

Und mit dem Sixpack von Ayom reist es sich auf unterhalts­ame Weise transatlan­tisch von Südamerika einmal nach Afrika und wieder zurück. (30. 7.)

Diesen Sommer wird es an den fünf Abenden bei Winzer Krems wieder jeweils zwei Konzerte geben; beide Sets dauern 80 Minuten, dazwischen gibt es eine Stunde Pause. Bei Winzern gibt es schließlic­h auch Wein. Das große Getriebe der Welt, es soll dann bitte schön auch einmal ein paar Tage Pause machen, Ende Juli, in den lauschigen Weingärten von Krems.

 ?? ?? Die brasiliani­sche Singer-Songwriter­in und Perkussion­istin Jabu Morales präsentier­t in Krems mit der Band Forro Mior ihr gemeinsame­s Projekt „Ayom“. Musikalisc­h reicht es von Südamerika bis Afrika.
Die brasiliani­sche Singer-Songwriter­in und Perkussion­istin Jabu Morales präsentier­t in Krems mit der Band Forro Mior ihr gemeinsame­s Projekt „Ayom“. Musikalisc­h reicht es von Südamerika bis Afrika.

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