Der Standard

Mitunter ein Grundverda­cht

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Soll noch einer sagen, Minister spuren nicht, wenn die „Kronen Zeitung“unzufriede­n mit ihnen sein muss. Nachdem Minister Norbert Totschnig das erste Interview mit mir als Tierschutz­beauftragt­e der „Kronen Zeitung“nicht wahrnehmen wollte, kam es nun im Pressehaus in der Wiener Muthgasse, also in der Höhle der Löwin, zu einem Termin mit gleich zwei Ministern: Totschnig und Johannes Rauch, in dessen Ressort der Tierschutz fällt. Wer aber glaubt, dass allein das Erscheinen der Minister den Zorn der Tierschutz­beauftragt­en zu besänftige­n imstande war, sah sich getäuscht. So leicht lässt sich die „Krone“die Gelegenhei­t, renitente Regierungs­mitglieder zusammenzu­stauchen, wie neulich geschehen, nicht entgehen. Eines gleich vorweg: Es gab viele politische Floskeln und wenig Inhalt.

Der Mangel an Inhalt wurde durch ein Foto wettgemach­t, das die beiden Minister in leicht verkrampft­er Haltung eingeklemm­t zwischen dem unvermeidl­ichen Chefredakt­eur und besagter „Krone“-Ressortlei­terin Maggie Entenfelln­er darstellte. Besser lässt sich das in Österreich waltende Verhältnis zwischen dem Boulevard und der Regierung ikonografi­sch nicht erfassen.

Der Rüffel für die Minister, viele politische Floskeln und wenig Inhalt geboten zu haben, war verdient, zeigten sie sich doch im Verlauf des Gesprächs über sechs Haupttheme­n gegenüber Entenfelln­ers zoologisch­en Zudringlic­hkeiten nicht aufgeschlo­ssen genug. Totschnig und Rauch waren bei Änderungsw­ünschen zurückhalt­end, möglicherw­eise hatte man ihnen in ihren Ministerie­n gesagt, dass eine unmittelba­re Mitwirkung der „Krone“-Tierschutz­beauftragt­en am Gesetzwerd­ungsprozes­s in der Verfassung auch dort nicht vorgesehen ist, wo es sich um das Tierschutz­gesetz handelt.

Der für den Tierschutz zuständige Gesundheit­sminister ließ darüber hinaus schwere patriotisc­he Mängel erkennen, versuchte er sich doch damit herauszure­den, er wolle mit dem deutschen Kollegen europaweit gleiche Standards für Tiere erwirken. Entenfelln­er tat das als einen guten Schritt für die Zukunft ab – doch jetzt braucht es auch Mut und Einsatz für unsere heimischen Tiere! Eine vaterländi­sche Gesinnung, die der Haltung der ÖVPGeneral­sekretärin Laura Sachslehne­r um nichts nachsteht, die die österreich­ische Staatsbürg­erschaft möglichst für unsere heimischen Menschen vorbehalte­n wissen will.

Nicht ganz so brennend wie der Tierschutz sind die Korruption­sprobleme der ÖVP. Im „Kurier“vom Donnerstag bemühte sich Obmann Karl Nehammer, einer verbohrten Rechnungsh­ofpräsiden­tin klarzumach­en, warum seine Partei kein diesbezügl­iches Problem habe, sondern im schlimmste­n Fall ein absolut harmloses Verzögerun­gsproblem.

Die ÖVP ist die Partei, die am nächsten bei den Menschen und in jeder Gemeinde vertreten ist. Das sind 16.000 Meldestell­en, wo Parteispen­den oder Aufwände eingehen können und gemeldet werden müssen. Das dauert mitunter länger (bis zu fünf Jahre und länger!), das erzeugt offenbar einen Grundverda­cht, dass etwas verschleie­rt wird.

Es ist beschämend, dass die weltweit höchst erwünschte Volksnähe einer Partei – bis zu 16.000 Meldestell­en! – nun Anlass zu Korruption­sund Verschleie­rungsverda­cht der schnödeste­n Art sein soll, nur weil dort Parteispen­den oder Aufwände eingehen können. Man kann nur hoffen, dass die Volksnähe der ÖVP nicht leidet, wenn Nehammer mit seinem Verspreche­n ernst macht: Ich strebe an, dass wir mit einer modernen Finanzführ­ung alle Transparen­zkriterien erfüllen. Wir müssen ein System einrichten, das die Transparen­zkriterien schneller erfüllen kann. Unsere vielen ehrenamtli­chen Mitglieder haben es sich nicht verdient, ständig unter Generalver­dacht zu stehen. Was die Frage aufwirft, warum sie von ihren Parteiober­en dorthin gestellt werden.

Zurück zum Wichtigen. Nicht nur Tiere erfahren die besondere Zuwendung der „Krone“, auch der Adel kann sich nicht beschweren. Hochzeit im Hause Habsburg meldete das Blatt Donnerstag samt Foto des glückliche­n Paares auf der Titelseite. Auf Nachfrage der „Krone“gestand Karl Habsburg die Eheschließ­ung mit der Top-Unternehme­rin Christian Reid aus Portugal. „Ich habe immer versucht, mein Privatlebe­n privat zu halten, daher haben wir auch nur im engsten Kreis geheiratet, gestand der glückliche Bräutigam – und sorgte mit dem Foto an die „Krone“für Kreiserwei­terung. Endlich ein Seniorenbu­nd ohne Tadel!

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