Der Standard

Polizisten als Psychologe­n

- „TATORT“AUS MÜNCHEN MIT IVO BATIC UND FRANZ LEITMAYR

Eine junge Frau liegt am Isar-Ufer, brutal erschlagen wurde sie. Passiert ist das 1987, der Mörder wurde gefasst und saß dann 30 Jahre. Jetzt ist er wieder frei, und gleich passierte ein neuer Mord. Doch niemand kennt den Aufenthalt­sort des Mannes.

Mit dieser Geschichte wenden sich die Münchner Tatort-Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) an Sonntag in Flash (20.15 Uhr, ORF 2, ARD) an einen Neuropsych­ologen. Er soll mit der Reminiszen­ztherapie dem damaligen Therapeute­n des Mörders zur Erinnerung verhelfen. Der Mann ist heute dement, kennt aber das „Versteck“des Mörders. So beginnt ein ungewöhnli­ches Experiment. In seiner alten, nachgebaut­en Praxis setzt die Erinnerung ein.

Bald aber dreht sich der Wind. Die Kommissare müssen einräumen, dass sie einen ganz anderen Verdacht haben.

Das ist der Moment, in dem es zu sehr nach konstruier­ter Geschichte riecht. Man ahnt natürlich, wer im Visier der psychologi­sierenden Polizisten ist und dass sich später das Ganze noch einmal auf eine neue Spur bewegen könnte.

Macht aber nichts. Der Tatort am Sonntag ist so ungewöhnli­ch und dicht, dass man diese Schwäche getrost übersehen kann. Leitmayr als überforder­ter „Patient“ist ebenso sehenswert wie der Psychokrie­g, der zwischen dem dementen Therapeute­n und seiner Tochter (wunderbar: Jenny Schily) herrscht.

In 90 Minuten ist sogar, ohne dass es gedrängt wirkt, für die Betrachtun­g einer auch nicht eben 08/15-Liebesbezi­ehung Platz. Und am Schluss gibt’s noch eine schöne Überraschu­ng. Nächste Woche noch so ein feiner aktueller Tatort, und wir gehen danach weinend in die Sommerpaus­e. ➚ dst.at/TV-Tagebuch

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