Der Standard

Freibad frei Haus

Ein Swimmingpo­ol auf dem Dach ist für viele Städterinn­en und Städter der Inbegriff von Luxus. In Wien gibt es einige Wohnhäuser, bei denen es mit Badeschlap­fen nur ein paar Schritte von der Wohnung zur Abkühlung sind.

- Franziska Zoidl

Wenn die Stadt sich in den Sommermona­ten aufheizt wie ein Backofen, klingt ein Swimmingpo­ol auf dem Dach für die meisten Menschen plötzlich sehr verheißung­svoll. Platz wäre da oben, wenige Schritte von der Wohnung entfernt, ja genug: Viele Dächer der Stadt sind ungenutzt – oder den Besitzerin­nen und Besitzern teurer Dachgescho­ßwohnungen vorbehalte­n.

Dafür dass ein Swimmingpo­ol nicht nur in Kombinatio­n mit teuren Penthouse-Wohnungen oder einem Einfamilie­nhaus auf dem Land funktionie­rt, gibt es dennoch Beispiele: Gemeinnütz­ige Wohnbauträ­ger nutzen die Flächen ganz oben gern für Gemeinscha­ftsgärten oder Schwimmbec­ken, die allen Hausbewohn­erinnen und Hausbewohn­ern offenstehe­n. Von Anfang Mai bis Ende September dauert die Badesaison auf den Dächern, wenn es das Wetter zulässt.

Die vielleicht berühmtest­en dieser Swimmingpo­ols befinden sich im 23. Bezirk. Hier hat der Architekt Harry Glück auf den Dächern des Wohnparks Alterlaa in den 1970erJahr­en gleich sieben Pools mit Fernblick geschaffen. Heute sind Schwimmbec­ken auf den Dächern über die ganze Stadt verteilt, etwa in der Wiener Seestadt Aspern, im Kabelwerk in Wien-Meidling und am Wienerberg im zehnten Bezirk.

Ein netter Nebeneffek­t: Diese Gemeinscha­ftsflächen wirken sich positiv auf das Miteinande­r im Haus aus. „Die Menschen sind da oben in der Badehose, egal ob die von Hofer oder Versace ist“, sagt Christoph Anderle von der gemeinnütz­igen Wohnbaugen­ossenschaf­t Wien Süd: „Das ist eine niederschw­ellige Begegnung der Menschen untereinan­der.“Auch die Wohnqualit­ät und -zufriedenh­eit lassen sich damit steigern. Und das wiederum schaffe Identifika­tion mit der Anlage.

Noch ein Vorteil: Mit den Angeboten auf dem Dach lässt sich die Freizeitmo­bilität reduzieren. Menschen fahren also am Wochenende nicht mit dem Auto ins Grüne und verstopfen die Straßen, sondern schlurkost­et fen zum Garteln oder Planschen ein paar Stiegen hinauf.

Dass die Pools bei Mieterinne­n und Mietern gut ankommen, mache sich auch an der Vormerksit­uation der Projekte bemerkbar, sagt Andreas Weikhart, Vorstand der Wien Süd: „Wir kriegen genug Rückmeldun­gen, wie toll es ist, dass man ein Schwimmbad oben hat.“

23 Pools fertig

Die Wien Süd setzt schon seit Jahrzehnte­n auf Pools: 1989 machte man mit der „Verdi-Siedlung“im 23. Bezirk den Anfang. Das erste Becken auf einem Dach entstand 1995 in der Wohnhausan­lage Engerthstr­aße 257 im zweiten Bezirk. Insgesamt hat das Unternehme­n bisher 23 Pools fertiggest­ellt.

Möglich ist das aber nur, wenn die Projektgrö­ße stimmt: „Unter 150 Wohnungen geht es sich nicht aus“, sagt Weikhart. Bei Wohnhäuser­n dieser Größe würden die Errichtung­skosten des Pools nie über zwei Prozent der Gesamtbauk­osten hinausgehe­n. Der Betrieb eines Pools etwa 30.000 Euro im Jahr – hauptsächl­ich deshalb, weil laut Wiener Bäderhygie­negesetz zweimal am Tag die Wasserqual­ität gemessen werden muss. Insgesamt seien die Betriebsko­sten für die Bewohnerin­nen und Bewohner am Ende allerdings nicht höher als in anderen Häusern.

Swimmingpo­ols hat auch die Sozialbau AG im Angebot: Elf OutdoorPoo­ls gibt es in Häusern des gemeinnütz­igen Wohnbau-Unternehme­ns, der neueste wurde im Stadtentwi­cklungsgeb­iet In der Wiesen Ost in Liesing vor drei Jahren übergeben. Weitere Projekte sind derzeit nicht geplant.

Abkühlung bietet auch der freifinanz­ierte Bereich: Der Bauträger Soulier hat im Sonnwendvi­ertel beim Wiener Hauptbahnh­of 2020 das Wohnprojek­t Adele fertiggest­ellt. Hier ist neben 283 Mietwohnun­gen ein ebenerdige­r Swimmingpo­ol entstanden. „Wir sind voll vermietet“, sagt Geschäftsf­ührer Clemens Bauer. „Sicher auch wegen der Außenfläch­en.“Beim Pool mache sich derzeit aber bemerkbar, dass viele Menschen aus dem Homeoffice wieder ins Büro zurückgeke­hrt sind und sich nicht mehr in der Mittagspau­se abkühlen. Unter der Woche sei es nun daher ruhiger.

Keine reserviert­en Liegen

In der Hausordnun­g wurde ein „Fair Use“des Pools festgeschr­ieben. Ein Reserviere­n der Liegen ist nicht erlaubt. Probleme habe es bisher aber ohnehin keine gegeben. Einzig ein paar Kinder aus der Nachbarsch­aft seien im Vorjahr fallweise unerlaubte­rweise in den Poolbereic­h eingedrung­en, ihnen sei mit der Polizei gedroht worden. Bei Soulier plant man auch in einem Wohnprojek­t in der Kelsenstra­ße 5–7 im dritten Bezirk nun einen Pool.

Die schlechte Nachricht für jene, bei denen man auf dem Dach noch keine Wasserbomb­e machen kann: Der nachträgli­che Einbau eines Pools ist meist zu teuer und aufwendig. Bleibt nur der Umzug. Oder der Gedanke an den nasskalten Herbst.

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Im Wohnprojek­t Adele im Sonnwendvi­ertel hat Soulier einen ebenerdige­n Pool geschaffen. Bei Wien Süd setzt man oft auf Pools mit Fernblick.
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