Der Standard

Das Gras ist woanders immer grüner

- Die Kolumne von Thorben Pollerhof

Wir haben schon öfters kritisch über den Wiener Wohnungsma­rkt geschriebe­n, und das zu Recht. Nun lassen Sie mich aber eine Geschichte erzählen, die das alles in Relation stellen wird.

Ich gehe zurück nach Deutschlan­d, genauer gesagt nach Köln. Eine Wohnung dort zu finden, das hätte ich mir als das kleinste Übel vorgestell­t. Von wegen. Da das Bestellerp­rinzip seit 2015 in Deutschlan­d aktiv ist, setzen wenige Vermieter noch auf Makler, sondern nehmen das Heft selbst in die Hand. Zum Beispiel über Plattforme­n wie Immobilien­scout.

Hier gibt es ein Premium-Modell. Für zwei Monate kostet das sage und schreibe 60 Euro. Was man damit machen kann? Na ja, zum Beispiel Vermieter überhaupt erst kontaktier­en, die ebenfalls das Premium-Modell haben. Das trägt keineswegs zur Lockerung des Marktes bei, denn ohne Premium geht gar nichts, also hat es auch jeder. Da kann es dann schon mal sein, dass morgens um 9 Uhr eine Annonce online geht, die eine halbe Stunde später bereits 251 Anfragen hat (als Premium-User kann man das einsehen, was nicht hilft).

Natürlich sind Vermieter mit dieser Flut an Anfragen überforder­t. Zum „Glück“hilft hier wieder Immoscout. Denn auf diesem Portal kann man für sein Profil automatisc­h eine Bonitätsau­skunft einholen und das eigene Konto auf Gehalts- und Mietzahlun­gen durchsuche­n lassen, damit alles seine geregelten Bahnen geht.

Ich habe schlussend­lich eine Wohnung gefunden. Nicht über Immoscout, sondern klassisch über Instagram, zur Nachmiete. Aber gut, dass die Plattform jetzt wirklich alles über mich und meine Finanzen weiß und sämtliche Vermieter Kölns auch. Fantastisc­hes Gefühl. Da ist mir fast die Interaktio­n mit einer Maklerin oder einem Makler lieber – auch wenn ich sie zahlen muss.

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