Der Standard

Die gemäßigten Kräfte unterliege­n in der AfD

Tino Chrupalla und Alice Weidel führen künftig die Partei – Streit über Europapoli­tik am Sonntag

- Birgit Baumann aus Berlin Kopf des Tages Seite 20

Am Samstag, im sächsische­n Riesa, zeigt sich Tino Chrupalla höchst zufrieden: „Heute beginnt der Aufbruch der AfD“, sagt er. „Die Ära Meuthen ist mit dem heutigen Tag auch beendet.“

Für den 47-Jährigen aus Sachsen ist es beim Parteitag nicht so schlecht gelaufen, wie er es hätte befürchten können. Er ist seit 2019 einer der Bundesspre­cher der AfD – so heißen dort die Parteichef­s. Und nun wurde er für weitere zwei Jahre gewählt.

Zwar hatte Chrupalla einen Gegenkandi­daten aus dem vergleichs­weise gemäßigten Lager: den 36-jährigen Bundestags­abgeordnet­en Norbert Kleinwächt­er. Der wollte die Partei in der Nähe von CDU und FDP positionie­ren und sähe sie gern weniger radikal.

Doch er konnte sich bei der Wahl nicht gegen Chrupalla durchsetze­n.

Immerhin erreichte Kleinwächt­er 36 Prozent der Delegierte­nstimmen, Chrupalla bekam zwar die Mehrheit, diese war aber mit 53 Prozent eher bescheiden.

Neu an seine Seite wurde als CoSprecher­in die 43-jährige Alice Weidel gewählt. Sie folgt dem im Jänner aus der Partei ausgetrete­nen bisherigen Co-Chef Jörg Meuthen nach. Er zählte, wie auch Kleinwächt­er, zu den vergleichs­weise weniger radikalen Kräften in der Partei.

Chrupalla und Weidel stehen auch gemeinsam an der Spitze der Bundestags­fraktion, sie sind nun an den wichtigste­n Schaltstel­len der AfD. Beide legen Wert auf die Feststellu­ng, dass sie die gesamte Partei repräsenti­eren, doch es ist allgemein bekannt, wem sie ihre Karrieren verdanken: den Radikalen in der Partei um den Thüringer Rechtsauße­n Björn Höcke. Der war an diesem dreitägige­n Parteitag der große

Strippenzi­eher, meldete sich mehrmals zu Wort, um für seine Strategie zu werben. Künftig könne die AfD auch von einer Einzelpers­on geführt werden, nicht von einer Doppelspit­ze, forderte er und schränkte dies aber gleichzeit­ig vor der Wahl von Chrupalla und Weidel ein: Es sei dafür derzeit noch „zu früh“. Erst in zwei Jahren, bei der nächsten turnusgemä­ßen Wahl, soll dann nur noch eine Person an der Spitze der Partei stehen.

Denn, so Höcke: „Jetzt brauchen wir erstmals einen Bundesvors­tand, der den Selbstbesc­häftigungs­modus hinter sich lässt und die Energie auf den politische­n Gegner wendet, und das zu 100 Prozent.“So manche in der Partei sehen darin Höckes eigene Ambition: Er könnte in zwei Jahren die Partei allein führen.

Darauf angesproch­en, sagt er zur Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Vielleicht ist es in ein paar Jahren so weit. Bis dahin bin ich in Thüringen gut aufgehoben.“

Am Sonntag beendete die AfD schließlic­h ihren Parteitag frühzeitig. Wegen einer Abstimmung zur Europapoli­tik – und einer geforderte­n Annäherung an Russland – wurde heftig gestritten, sodass abgebroche­n wurde.

 ?? Foto: Reuters / Mathias Rietschel ?? Tino Chrupalla und Alice Weidel freuen sich wie Bolle.
Foto: Reuters / Mathias Rietschel Tino Chrupalla und Alice Weidel freuen sich wie Bolle.

Newspapers in German

Newspapers from Austria