Vom Glück und Ende des Politduos Kurz und Schmid
Im Bergdorf St. Koloman wurde die Oper „Der Prätorianer. Oder die Zärtlichkeit des Thomas S.“uraufgeführt
Es wird wohl nicht jedem recht gewesen sein, dass es am Samstag zur Uraufführung von Der Prätorianer. Oder die Zärtlichkeit des Thomas S. gekommen war: Am Vorabend wurde die Webseite gehackt, über die man Tickets kaufen konnte. Der Preis (5 bis 10 Euro) wurde auf „500 bis 2500“hinaufgesetzt. Wer hinter der Attacke steht, ist unklar. Klar ist aber, dass das Opernexperiment im beschaulichen Salzburger Bergdorf St. Koloman glückte.
Auf dem Dorfplatz ging es um heikle Materie: Das Libretto basiert auf Chatnachrichten, die Sebastian Kurz und Thomas Schmid einander geschickt haben, als es um ÖVP-Eroberung, Kanzleramt und die Ibiza-Affäre ging. Guter Textstoff: Er enthält mit Gier, Macht, Liebe, Hass, Aufstieg und Fall reizvolle Aspekte. Schmid (Anita Giovanna Rosati) ist der servile Lakai, Kurz (Laura Rieger) der zielstrebige Dominator mit übergroßen aufgesteckten Ohrmuscheln.
Die Demütigenden
Sie tippen auf ihren übergroßen Handys herum, ergötzen sich an Umfragen. Ordinär ziehen sie über Parteifreunde her oder freuen sich über die Demütigung eines Bischofs. Zwischendurch erläutert und verknüpft die Szenen Sänger Johannes B. Czernin, der auch das Libretto schrieb. „Es gilt die Unschuldsvermutung“, trällert er maliziös – sicher ist sicher.
Als Bühnenbild dient eine mannshohe Kiste, außen türkis, innen rosarot. Die Musik (Komponist Tristan Schulze), umgesetzt von drei Streichern plus Akkordeon, klingt mal süßlich, mal schroff, also passend zum Libretto. Das Ganze erinnert an eine Mischung aus MozartLustspiel, griechischer Komödie und einer ins Absurde getriebenen Barock-Oper. All das dorfplatztauglich und in Miniaturausgabe.
Exzellente sängerische Fähigkeiten treffen gutes Schauspiel etwa in der Szene, als beide überlegen, wie sie das Milliardenpaket der damaligen Koalitionsspitzen Christian Kern und Reinhold Mitterlehner für die Nachmittagsbetreuung torpedieren können: Kurz’ Stress schwindet, seine Miene hellt sich auf, die Frage lässt ihn frohlocken, bevor sie ausgesprochen ist – sie lautet: „Bitte. Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“Andernorts reißt sich Schmid den Anzug herunter und zeigt Bizeps. Dabei trägt er ein Dress der Nationalkicker, die seit Kurz’ Kanzlerschaft in ÖVP-Farben Türkis und Schwarz antreten.
Das Stück erzählt auch die Geschichte einer seltsamen Romanze. Zuneigung wächst hier auf dem Boden von Erfolgsgeilheit und Eitelkeit sowie der Verachtung für andere. Schmid schleimt, erklärt sich zum Prätorianer und Kurz damit im Umkehrschluss zum Imperator. Es fällt der längst legendäre Satz: „Ich liebe meinen Kanzler“, worauf man tanzt.
Ein Abgesang
Das Stück endet mit einem hübschen Abgesang von Schmid, Kurz und dem Erzähler: „Man folgte ihm, man hielt ihn gar für den Messias, wirklich wahr.“Und, in Anlehnung an den Text der Bundeshymne: „Schicksal, schlugst uns tiefe Narbe. Oh, du vielgeliebt’ Türkis.“Ob die sehens- und hörenswerte Oper abermals irgendwann aufgeführt wird, ist ungewiss.