Der Standard

Van der Bellens Konkurrenz

Nur zwei Kandidatin­nen mit Stichwahl-Chance

- Katharina Mittelstae­dt, Fabian Schmid, Martin Tschiderer

Wien – Laut einer Erhebung des Instituts für Demoskopie und Datenanaly­se (IFDD) würden es aktuell nur zwei Gegenkandi­datinnen schaffen, Amtsinhabe­r Alexander Van der Bellen bei der Bundespräs­identenwah­l in eine Stichwahl zu zwingen: Ex-Neos-Abgeordnet­e Irmgard Griss und Ex-Kanzlerin Brigitte Bierlein. Bierlein richtet allerdings aus, nicht zur Verfügung zu stehen, und auch Griss ließ keine Ambitionen verlautbar­en.

Wen die FPÖ ins Rennen schickt, ist nach wie vor offen, auch wenn sich Susanne Fürst als wahrschein­lichste Kandidatin abzeichnet.

Die Bundespräs­identschaf­tswahl ist derzeit fast noch ein politische­r Nebenschau­platz. Stattfinde­n soll sie aller Voraussich­t nach im Oktober, einen fixen Termin gibt es allerdings noch nicht. Und auch, wer abseits von Amtsinhabe­r Alexander Van der Bellen kandidiert, steht noch nicht endgültig fest. Anders als ÖVP, SPÖ und Neos will jedenfalls die FPÖ jemanden ins Rennen schicken. Als wahrschein­lichste Kandidatin gilt die blaue Nationalra­tsabgeordn­ete Susanne Fürst, im Boulevard wird auch über eine mögliche Kandidatur des Juristen und Krone-Kolumniste­n Tassilo Wallentin für die Freiheitli­chen spekuliert. Aber unabhängig davon, wer schlussend­lich antritt: Welche Chancen kann sich Van der Bellens Konkurrenz überhaupt ausrechnen?

Ernsthafte Konkurrenz

Laut Christoph Haselmayer vom Institut für Demoskopie und Datenanaly­se (IFDD) würden es derzeit nur zwei Gegenkandi­datinnen schaffen, den aktuellen Amtsinhabe­r in eine Stichwahl zu zwingen: die frühere Neos-Abgeordnet­e Irmgard Griss sowie Altbundesk­anzlerin Brigitte Bierlein. Beide stammen aus der Justiz und waren bei Höchstgeri­chten tätig – Griss war von 2007 bis 2011 Präsidenti­n des Obersten Gerichtsho­fs, Bierlein von 2018 bis 2019 Präsidenti­n des Verfassung­sgerichtsh­ofs.

Die Neos, für die Griss nach ihrer unabhängig­en Kandidatur als Bundespräs­identin 2016 später im Nationalra­t saß, unterstütz­en offen Van der Bellen. Im Büro von Brigitte Bierlein wird auf Rückfrage ausgericht­et, dass sich die ehemalige Bundeskanz­lerin über den Wiederantr­itt des bisherigen Präsidente­n freue. Sie selbst stehe für das Amt nicht zur Verfügung.

Sehr wohl antreten möchte Marco Pogo. Der 35-Jährige heißt eigentlich Dominik Wlazny und ist Musiker, Mediziner und Bezirksrat in Wien-Simmering. Über seine Kandidatur ist in den vergangene­n Tagen eine Debatte entfacht – ausgelöst durch einen Gastkommen­tar der Kommunikat­ionsberate­rin Nina Hoppe im STANDARD, die Spaßkandid­aturen als „demokratie­gefährdend“bezeichnet hatte.

Eine Art Vorwahl

Die Politologi­n und Demokratie­forscherin Tamara Ehs sieht das anders: Den Begriff „demokratie­gefährdend“hält sie „für mehr als übertriebe­n“. Das gelte umso mehr, wenn man betrachte, wer in Österreich schon hohe politische­r Ämter bekleidet habe, „wie etwa ein ehemaliger Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache, der an militärisc­hen Paintballü­bungen teilgenomm­en hat“. Marco Pogo könne man dagegen kaum unterstell­en, sich demokratie­gefährdend zu gerieren.

Ehs weist zudem darauf hin, dass es so etwas wie eine „Spaßkandid­atur“rechtlich gar nicht gibt. Wer antritt und die nötigen 6000 Unterstütz­ungserklär­ungen schaffe – eine Art „Vorwahl“–, sei schlicht Kandidat oder Kandidatin, sagt Ehs. Umgekehrt könne eine Kandidatur wie jene Marco Pogos auch für Mobilisier­ung und Interesse für einen Wahlgang in weniger politikaff­inen Milieus sorgen.

Abseits des Amtsinhabe­rs haben bislang nur Bewerber mit so gut wie keinen Chancen auf die Stichwahl ihre Kandidatur angekündig­t. Darunter der Gründer der EU-Austritts-Partei Robert Marschall und Martin Wabl, dessen Antritt bereits bei vier vorherigen Bundespräs­identenwah­len an den erforderli­chen 6000 Unterschri­ften scheiterte.

Die SPÖ unterstütz­t Van der Bellen offen, die ÖVP wünsche dem Amtsinhabe­r alles Gute, will aber keine offizielle Wahlempfeh­lung abgeben. Bei der vergangene­n Präsidents­chaftswahl 2016 mussten die Kandidaten Rudolf Hundstorfe­r (SPÖ) und Andreas Khol jeweils Ergebnisse nur knapp über elf Prozent einstecken und scheiterte­n deutlich an der Stichwahl.

Antritt kaum attraktiv

Die frühere Justizmini­sterin Maria Berger (SPÖ), aktuell Teil des Personenko­mitees für Van der Bellen, hält es im STANDARD-Gespräch für sinnvoll, dass ihre Partei keine eigene Kandidatin ins Rennen schickt. „Kontinuitä­t in diesem Amt ist sicher nicht zu dessen Schaden“, sagt sie. „Schon gar nicht in politisch turbulente­n Zeiten.“Wenig Auswahl bei der Wahl hält sie demokratie­politisch zumindest für kein grobes Problem: „Da haben wir wohl größere, wie dass in Wien ein Drittel der Einwohner mangels Staatsbürg­erschaft nicht wählen darf.“

Die frühere Gesundheit­s- und Frauenmini­sterin Maria Rauch-Kallat (ÖVP), die ebenfalls Van der Bellen unterstütz­t, sieht das ähnlich. Bei einem beliebten und erfolgreic­hen Amtsinhabe­r sei es nur sinnvoll, einen Gegenkandi­daten aufzustell­en, wenn man dem Kurs des Bundespräs­identen völlig konträr gegenübers­tehe. Das Amt „für eine Spaßkandid­atur zu nützen“hält sie dagegen für falsch.

Bisher wurden alle Amtsinhabe­r, die nochmals antraten, auch wiedergewä­hlt. „Es ist für die Großpartei­en kaum attraktiv, jemanden aufzustell­en, der letztlich nur ein Zählkandid­at bleibt“, sagt der Politikwis­senschafte­r Anton Pelinka.

 ?? Foto: Reuters / Ints Kalnins ?? Amtsinhabe­r Van der Bellen dürften diesmal weniger prominente Gegner gegenübers­tehen als 2016.
Foto: Reuters / Ints Kalnins Amtsinhabe­r Van der Bellen dürften diesmal weniger prominente Gegner gegenübers­tehen als 2016.
 ?? Fotos: APA / Hans Punz, Imago / Martin Juen ?? Dominik Wlazny alias Marco Pogo tritt an, die FPÖ-Politikeri­n Susanne Fürst könnte folgen.
Fotos: APA / Hans Punz, Imago / Martin Juen Dominik Wlazny alias Marco Pogo tritt an, die FPÖ-Politikeri­n Susanne Fürst könnte folgen.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria