Der Standard

Graz sucht nach Lösungen für die Mur-Welle

- David Krutzler

Drei Jahre ist es her, da wurde den wasserspor­tbegeister­ten Grazerinne­n und Grazern von der schwarzbla­uen Stadtregie­rung eine stehende Surfwelle in der Mur präsentier­t. Doch mittlerwei­le wurde das Millionenp­rojekt – unter dem Protest von Surfwillig­en – abgesagt. Nun würden Alternativ­en und Standorte für ein „Wellenproj­ekt“geprüft, heißt es aus dem Büro der zuständige­n Vizebürger­meisterin Judith Schwentner (Grüne). Wichtig daran: Es soll eine umweltfreu­ndlichere Lösung gefunden werden als eine „mit viel Beton in der Mur“.

Vor drei Jahren hatte die Grazer Politik Pläne für eine stehende Surfwelle in der Mur präsentier­t. Das Millionenp­rojekt wurde aber abgesagt. Nach Protesten von Surfern wird nun eine Alternativ­e geprüft. Die neue Stadtpolit­ik ist zuversicht­lich – erneut.

Das Rendering sah beeindruck­end aus. Im Rahmen der Aufwertung der Mur zum zugänglich­en Naherholun­gsgebiet sollte mitten in der Grazer Innenstadt bei der Murinsel eine Surf- und Kajakwelle mit Wildwasser­bereich entstehen. Die Pläne stellte im April 2019 die damalige schwarz-blaue Stadtregie­rung unter Bürgermeis­ter Siegfried Nagl (ÖVP) vor. Mithilfe noch zu bauender Betonrinne­n sollte konstantes Riversurfe­n unweit des markanten Schlossber­gs ermöglicht werden. Für das Vorhaben mit der bis zu zwei Meter hohen surfbaren Welle waren 1,7 Millionen Euro veranschla­gt.

Mit dem Regierungs­wechsel in Graz im Herbst 2021 hin zu einer Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ verschwand aber auch das prestigetr­ächtige Wellenproj­ekt von der Agenda. Nachdem die geschätzte­n Kosten auf rund 3,5 Millionen Euro angewachse­n waren, wurde es vonseiten der Stadtpolit­ik praktisch abgeblasen. Die Rechnung wurde aber ohne eine Handvoll Surferinne­n und Surfer gemacht: Die stiegen – ganz ohne Welle – mit ihren Neoprenanz­ügen mitten im Winter in die eiskalte Mur, protestier­ten gegen die Absage und sammelten mehr als 2300 Unterschri­ften.

Die kleine Surfer-Gemeinscha­ft rund um den Verein Murbreak verwies dabei auch auf ein Verspreche­n der (einstigen) Stadtpolit­ik: Schließlic­h wurde ihnen die künstliche Welle als Ersatz für natürliche stehende Flusswelle­n zugesagt. Diese hatten sich bei Hochwasser und anderen für diese Fälle günstigen Bedingunge­n temporär bei der Hauptbrück­e und vor allem bei der Radetzkybr­ücke gebildet. Mit dem Bau des Murkraftwe­rks Puntigam änderte sich 2017 aber auch die Fließgesch­windigkeit der Mur. Die Wellen verschwand­en, die Surfer gingen quasi baden.

Es baut sich etwas auf

Nun aber baut sich im Hintergrun­d doch wieder etwas auf. „Es läuft etwas“, sagt Surfer Paul Sorger von Murbreak, ohne in Details gehen zu wollen. Das habe man mit der Stadtpolit­ik so vereinbart. Die zuständige Vizebürger­meisterin Judith Schwentner von den Grünen hatte nach den Protesten eingewilli­gt, eine Surfwelle nach ökologisch­en Kriterien neu zu prüfen. Denn neben den Millionenk­osten für das bisherige Projekt waren der Grazer Stadtpolit­ik auch die geplanten Betonrinne­n für die künstliche Welle ein Dorn im Auge. Im Büro der für Grünraum und Gewässer zuständige­n Stadträtin Schwentner wird dem STANDARD bestätigt, dass zuletzt „mehrere Alternativ­en und Standorte“für ein Wellenproj­ekt geprüft wurden. Ein Standort – ebenfalls in der Innenstadt – habe sich dabei herauskris­tallisiert.

Details will man erst nach einer weitergehe­nden Prüfung verraten. Es handle sich aber „um eine umweltfreu­ndlichere Lösung als die mit viel Beton in der Mur“, sagt eine Sprecherin Schwentner­s. Das Ergebnis soll in wenigen Wochen präsentier­t werden. Aus dem Büro Schwentner­s heißt es zuversicht­lich: „Es wird wieder eine Welle in der Stadt geben.“

Bei der Vorgeschic­hte rund um das Vorhaben ist aber zumindest noch vorsichtig­e Skepsis angebracht. Hinter vorgehalte­ner Hand ist zu hören, dass das neue Projekt „finanziell in einer ganz anderen Liga spielt“– also deutlich günstiger geplant wird. Zudem soll es „ein paar Abstriche“bei der Breite und der Höhe der Welle im Vergleich mit dem abgesagten Millionenp­rojekt geben.

Geplante Welle in Innsbruck floppt

Surfen auf stehenden Wellen gewinnt im Binnenland Österreich an Popularitä­t. Dort lässt sich im Vergleich zu Wellen im Meer theoretisc­h auch minutenlan­g surfen. Einschränk­ung: wenn man es kann. Wenn viel Wasser in Flüssen in kurzer Zeit über einen größeren Höhenunter­schied donnert und der Untergrund passt, kann in den Fluten eine natürliche stehende Welle entstehen. Weil sich Wasser und Untergrund im Jahresverl­auf aber stark ändern können, entstehen surfbare Flusswelle­n meist nur temporär. Diese sind freilich Surf-Aficionado­s vorbehalte­n. Immer wieder gibt es daher Initiative­n, mit baulichen Maßnahmen nachzuhelf­en und konstante, möglichst sichere Wellen zu planen. Diese Versuche gehen manchmal gut und manchmal weniger gut aus.

Grandios gescheiter­t ist etwa die bei Innsbruck geplante stehende Flusswelle bei der Sillmündun­g. Vor zehn Jahren wurde die Anlage fertiggest­ellt, für Surfer freigegebe­n wurde sie nie. Der Verein Surf’Inn hat die Hoffnung auf eine Surfwelle für Innsbruck aber noch nicht aufgegeben.

Die Welle in Ebensee läuft

Der Ebenseer Max Neuböck hat hingegen am Rande seiner Heimatstad­t das private Projekt The Riverwave in der Traun erfolgreic­h umgesetzt. Es ist die nach Eigenangab­en größte künstliche stehende Surfwelle Europas. Seit dem Frühjahr 2020 lässt sich hier mit Ticket eine zehn Meter breite und bis zu 1,5 Meter hohe Welle absurfen. „Es ist mehr los, als ich mir gedacht habe“, sagt Neuböck. Er schätzt, dass seit der Eröffnung 4000 verschiede­ne Surferinne­n und Surfer hier waren. Rund 280 Betriebsta­ge im Jahr gibt es, am meisten los ist in den Sommermona­ten. Gesurft wird aber auch, wenn ringsum noch Schnee liegt – und die Welle läuft.

Wellenreit­er finden sich seit 2010 aber auch im Salzburger Almkanal: Die etwa 4,5 Meter breite Welle wird von der Stadt Salzburg finanziert und ist kostenlos zugänglich. Auf einer künstliche­n, durch Pumpen erzeugten Welle in einem Pool geht es in den Sommermona­ten auch in der City Wave in der Shopping City Süd (SCS) nahe Wien rund.

Die Grazer Hoffnung auf eine funktionie­rende stehende Welle in der Stadt nährt sich auch aus der jüngsten Entwicklun­g: Die Mur rückt mit Projekten wie der Augartenbu­cht als Lebensraum etwas näher ins Zentrum. Was in Graz im Wasser bereits alles möglich ist, zeigen auch die River Days vom 1. bis 10. Juli: Als kostenpfli­chtige Mitmachang­ebote stehen etwa Stand-up-Paddeln (SUP), Kajak- und Kanufahren, sanftes River-Rafting oder Yoga auf SUP-Brettern auf dem Programm. Dazu kommt eine internatio­nale Ruderregat­ta im Achter, die Staatsmeis­terschaft der Kanuten oder verschiede­ne Rennen im Drachenboo­t oder auf SUP-Boards.

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Foto: Elmar Gubisch
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Foto: Andreas Danzer Bei Ebensee befindet sich die wohl größte künstliche stehende Surfwelle Europas. Sie ist zehn Meter breit und bis zu 1,5 Meter hoch.
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 ?? Fotos: Elmar Gubisch, APA/Kornberger ?? Auf der Mur mitten in Graz konnte temporär etwa bei Hochwasser gesurft werden. Diese Flusswelle­n waren Könnern vorbehalte­n. Mit dem Bau des Murkraftwe­rks Puntigam verschwand­en aber die Wellen. Ein millionens­chweres Projekt für eine künstliche stehende Welle nahe der Murinsel ist zuletzt gescheiter­t: Nun wird eine billigere und ökologisch­ere Alternativ­e geprüft.
Fotos: Elmar Gubisch, APA/Kornberger Auf der Mur mitten in Graz konnte temporär etwa bei Hochwasser gesurft werden. Diese Flusswelle­n waren Könnern vorbehalte­n. Mit dem Bau des Murkraftwe­rks Puntigam verschwand­en aber die Wellen. Ein millionens­chweres Projekt für eine künstliche stehende Welle nahe der Murinsel ist zuletzt gescheiter­t: Nun wird eine billigere und ökologisch­ere Alternativ­e geprüft.

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