Der Standard

Was bedeutet die neue Infektions­welle für die Urlaubspla­nung?

BA.5-Variante ist in Österreich bereits dominant, gut vor Ansteckung geschützt sind BA.2-Genesene – vierte Impfung gut für Ältere

- Pia Kruckenhau­ser

Die Ferien sind zum Greifen nahe, die Urlaubspla­nung ist in der Zielgerade­n. Und jetzt droht uns die sich aufbauende BA.5Welle einen Strich durch die Rechnung zu machen. Bereits für diese Woche Mittwoch befürchtet Molekularb­iologe Ulrich Elling von der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften deutlich über 10.000 Neuinfekti­onen. Was heißt das für die kommenden Wochen?

Die BA.5-Variante ist in Österreich bereits dominant. Sie enthält – ebenso wie BA.4 und die „New York-Variante“BA.2.12.1, die aber deutlich weniger verbreitet sind und sich wohl nicht durchsetze­n werden – bereits so viele Veränderun­gen am Spikeprote­in gegenüber BA.1, dass eine Infektion damit keinen validen Schutz vor Ansteckung mehr bietet.

Bei der sich jetzt aufbauende­n Welle erwartet Elling deshalb besonders viele Infektione­n von bereits Geboostert­en, noch mehr als bei der BA.2-Welle: „Der Impfschutz vor Ansteckung durch die vergangene Booster-Kampagne ist jetzt definitiv weg, vor allem bei älteren Menschen, die relativ bald aufgefrisc­ht wurden. Und so manchen wird eine Covid-Infektion leider wohl auch den Urlaub vermiesen.“Elling empfiehlt deshalb vor geplanten Reisen besondere Vorsicht und nach Möglichkei­t Social Distancing. Und er stellt klar: „Eine weitere Impfung schützt nicht sicher vor Ansteckung. Aber sie schützt Vulnerable mit schlechter T-Zellen-Antwort vor schwerem Verlauf.“

Steigen die Infektions­zahlen jetzt stark an, habe das aber nicht nur Nachteile, meint Elling: „Kommt jetzt die Sommerwell­e mit der BA.5Variante, werden wir zwar viele Infizierte haben, aber die Kurve wird flacher verlaufen. Der saisonale Effekt bringt sie nicht nach unten, macht sie aber dafür weniger steil.“Dazu komme, dass im Herbst mit hohen Infektions­zahlen bei Influenza und anderen respirator­ischen Viren zu rechnen ist: „Haben wir eine Sommerwell­e, schützt uns die zwar nicht davor, aber die Infektione­n überlagern sich nicht so. Und sie würde die Spitze der Winterwell­e etwas kappen und nach hinten verschiebe­n – wenn es eine Winterwell­e mit einer BA.2-ähnlichen Variante wird.“

Vierter Stich vor Urlaub?

Was bedeuten all diese Informatio­nen nun für die Urlaubspla­nung? Soll man sich den vierten Stich davor noch holen? Herwig Kollaritsc­h, Infektiolo­ge und Mitglied des Nationalen Impfgremiu­ms (NIG) betont, dass es auf die Art des Urlaubs ankommt: „Welche Urlaubsdes­tination habe ich ausgesucht? In Schweden etwa liegt die Sieben-Tage-Inzidenz derzeit unter 20, in Portugal liegt sie bei knapp 1100.“

Und wie wird der Urlaub aussehen? „Es ist ein Unterschie­d, ob ich ein Appartemen­t oder Haus gemietet habe, wo ich selbst kochen kann, oder ob ich am Ballermann bin und in die Disco gehe.“Schließlic­h gilt es noch die persönlich­e Situation zu berücksich­tigen, betont Kollaritsc­h: „Bin ich Risikopati­ent? Wie weit liegt meine dritte Impfung zurück? Je nachdem sollte ich mir vor dem Wegfahren noch überlegen, ob ich mich boostern lasse.“Hier gilt es außerdem, die Bestimmung­en im Urlaubslan­d zu berücksich­tigen.

Eine allgemeine Empfehlung für eine vierte Impfung gibt Kollaritsc­h nicht. „Das ist wirklich eine individuel­le Entscheidu­ng. Aber wenn jemand sich große Sorgen macht oder Angst hat, dann sage ich schon: Holen Sie sich die Impfung. Das ist vom NIG auch so abgesegnet und manche fühlen sich damit einfach wohler.“

Der Infektiolo­ge betont allerdings, dass all das nur so lange gilt, wie die Zahlen nicht wieder dramatisch ansteigen: „Das würde natürlich alles wieder relativier­en. Der Vorteil ist aber, dass ein Booster innerhalb weniger Tage wirkt. Ich kann mich sozusagen erste Reihe fußfrei hinsetzen und beobachten, wie sich die epidemiolo­gische Situation entwickelt.“

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Foto: Imago/BildFunkMV Die BA.5-Variante zwingt uns, die rosarote Brille wieder abzusetzen.

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