Der Standard

Wenn der Hoppelhase einen Bierdurst kriegt

Die US-amerikanis­chen Punkrock-Superstars Green Day gastierten am Sonntag im Ernst-Happel-Stadion in Wien

- Karl Fluch

Der große Bruder des DuracellHa­sen war auch da. Der Drunk Bunny, ein besoffener Hase. Was sich anhört wie ein Rezept für Hoppel in Alkohol, war ein Animateur, der das Publikum des Ernst-Happel-Stadions am Sonntag auf das einstimmte, was gleich folgen sollte: Party, kontrollie­rter Kontrollve­rlust, rücksichts­volles Auszucken. Man kennt derlei Figuren: arme Schlucker in McJobs und würdelosen Outfits, die Kundschaft keilen. Oft halten sie ein Schild in der Hand, und ein guter Tag ist einer, an dem niemand vorbeikomm­t, der einen erkennt.

Der Drunk Bunny betrat zu Blitzkrieg Bop von den Ramones mit Bierflasch­e die Bühne und tänzelte herum. Lustig. Dann traten die USAmerikan­er die Tür mit American Idiot ein. Punkrock, stadiontau­glich. Dafür sind Green Day berühmt. Ein Umstand, mit dem sie als Punkband bis heute irgendwie hadern, weil, das ist die alte Leier, wie kann man Punk sein, aber im Geldspeich­er wohnen? Irgendwer findet sich für diese Diskussion immer – so sinnlos sie auch ist.

Lücken auf den Rängen

Billie Joe Armstrong (50), der kleine Anführer dieses großen Trios (live zu viert), machte Druck, animierte mit „Hello Vienna, Austria! Let’s go crazy!“und ähnlichen Kampfrufen das Publikum. Das ergab sich bereitwill­ig. Waren es 30.000 oder 40.000? Das Oval wies ein paar ordentlich­e Lücken oben auf den Rängen auf, der Stimmung war das nicht abträglich.

Für Know Your Enemy wurde eine Dame aus dem Publikum als zweite Stimme engagiert, die hatte sichtlich Vergnügen an diesem unerwartet­en Gig. Armstrong streckte sich für ein Bussi rüber, „Danke, Schatzi“. Ekstase im Publikum, der Billie ist ein Bursch. Armstrong lief, schwitzte, solierte im Nacken (urunpunkig) und gab Songs, die sich millionenf­ach verkauft haben, seit die Bandmitgli­eder mit dem Album Dookie 1994 von linken Bay-AreaPunks in besetzten Häusern zu Penthouse-Bewohnern mutierten.

Angetan in schwarzem Tuch, Kajal und Tinte, hielt Armstrong die Stimmung, Drummer Tré Cool nahm immer wieder Anleihen beim Rockabilly. Armstrong, mit der

Energie mehrerer Batterieha­sen, motivierte das Stadion zu einem Lichtermee­r: zehntausen­de Smartphone­s im Taschenlam­penmodus. Dazwischen böllerte es von der Bühne, die Freuden der Pyrotechni­k. Super. Gekreisch.

Boulevard of Broken Dreams nahm die Geschwindi­gkeit raus, später wurde noch jemand aus dem Publikum gefischt, der Gitarre spielen durfte. Szenenappl­aus. Good Riddance (Time of Your Life) ging akustisch runter, und mittendrin wurden Kiss gecovert: Rock and Roll All Nite.

Das fügte sich ins Programm wie eine Eigenkompo­sition, einfach und eingängig. Das können Green Day, das haben sie gezeigt, das hat man gewusst, das wurde bestätigt. Das Publikum war hin und weg.

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