Aus Österreich in den Ukraine-Krieg
Einzelne Personen sind ausgereist, um zu kämpfen – unklar ist, für wen
Glaubt man dem russischen Verteidigungsministerium, so sind fünf Personen aus Österreich in die Ukraine gereist, um dort im Krieg zu kämpfen. Diese Zahlen verbreitete die Angriffspartei in den vergangenen Tagen. Zwei davon sollen getötet worden, einer wieder abgereist sein. Dem österreichischen Außenministerium liegen allerdings keine Berichte über Tote vor. Der österreichische Staatsschutz gab allerdings daraufhin bekannt, dass eine „niedrige einstellige Zahl“an Personen ausgereist sein soll.
Nach STANDARD-Informationen deckt sich die Zahl, die Russland angibt, aber nicht mit der hierzulande bekannten. Und: Unklar ist auch, auf welcher Seite die betreffenden Personen ins Feld ziehen. Russland zählt in seiner wenig belastbaren Rechnung wohl ausschließlich jene, die auf ukrainischer Seite kämpfen – um zu demonstrieren, dass der Westen sich verbündet habe, wie Terrorismusforscher Nicolas Stockhammer vermutet.
Schon im März wurden Berichte publik, dass es sich bei Ausreisenden um Austrotschetschenen handeln könnte. Gerade in dieser Community ist es allerdings besonders schwierig, eine klare Position für eine der beiden Kriegsparteien auszumachen. Da spielt etwa, so erklärt Stockhammer, eine Rolle, ob ein Tschetschene in Österreich für oder gegen Ramsan Kadyrow und dessen Regime ist – dieser herrscht diktatorisch über die russische Teilrepublik Tschetschenien und steht auch nun im Krieg auf Putins Seite. Kadyrow habe mit seiner harten, von Exklusion geprägten Auffassung von Islam, Ehrkultur und Nationalstolz zum Teil auch auf die tschetschenische Community in Österreich einen Einfluss, sagt Stockhammer. Junge, kampfsportaffine Männer aus der Community könnte das durchaus zur Teilnahme an Kampfhandlungen an Russlands Seite motivieren.
Auf der anderen Seite sind viele Tschetschenen in Österreich erstens vor der russischen Invasion in die Heimat und zweitens vor dem Regime Kadyrow geflohen, „es ist unwahrscheinlich, dass da in zweiter Generation jemand sagt:‚Ich bin für Kadyrow‘“, sagt Stockhammer. Für die gebürtige Tschetschenin und Journalistin Maynat Kurbanova ist es nicht vorstellbar, dass Tschetschenen sich nun auf die Seite Russlands stellen. Sie weiß von niemandem aus der Community, der ausgereist sei – auch nicht, um sich auf die Seite der Ukraine zu stellen. „Ich höre auch von den Jugendlichen, dass sie da nicht instrumentalisiert werden wollen“, sagt Kurbanova.
Beratungen über Sanktionen
Die EU will indes ihre Sanktionen gegen Russland offenbar ausweiten. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters, die sich auf EU-Vertreter berief, werde daran gearbeitet, weitere Sektoren zu sichten, die sanktioniert werden könnten. Ein mögliches Ziel sei dabei auch Gold. Die Staats- und Regierungschefs beraten beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag über das weitere Vorgehen.
Litauen hat am Wochenende einen verschärften Weg gegenüber Russland eingeschlagen und den Bahntransit von Waren, die auf westlichen Sanktionslisten stehen, über sein Territorium nach Kaliningrad untersagt. Moskau drohte Vilnius am Dienstag mit Gegenmaßnahmen, „deren Folgen schwere negative Auswirkungen auf die Bevölkerung Litauens haben“würden, und bestellte den EU-Botschafter in Moskau ins Außenministerium ein.
Auf schwere Folgen in der Auseinandersetzung mit Russland bereitet sich auch Schweden vor, als es am Dienstag für Teile des Landes die erste von drei Alarmstufen wegen möglicher Probleme bei der Gasversorgung ausrief. Auch in Deutschland und Österreich gilt derzeit die Frühwarnstufe und damit die erste Eskalationsstufe des Notfallplans Gas.