Der Standard

Ex-Richter wird Patientena­nwalt

Gerhard Jelinek folgt in Wien auf Sigrid Pilz

- Stefanie Rachbauer

Die Spekulatio­nen haben sich bestätigt: Der 2021 pensionier­te Ex-Präsident des Oberlandes­gerichts Wien, Gerhard Jelinek, wird neuer Wiener Pflege- und Patientena­nwalt. Das teilte das Büro von Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Dienstag mit – und bestätigte damit Medienberi­chte vom Montag. Am Donnerstag werde Jelinek auch persönlich vor die Presse treten, hieß es aus Hackers Büro.

Der 65-jährige Jelinek löst in seiner neuen Funktion Sigrid Pilz ab, deren Vertrag nach zwei Perioden à fünf Jahren nicht verlängert wird. Jelinek wird seine Stelle am 1. Juli antreten. Der Jurist hat sich laut Gesundheit­sressort in einem mehrstufig­en Hearingver­fahren gegen 23 Bewerberin­nen und Bewerber mit unterschie­dlicher Qualifikat­ion durchgeset­zt. Darunter auch Pilz: Sie hat eine dritte Amtszeit angestrebt. Am Montag verlautbar­te die frühere grüne Gemeinderä­tin schließlic­h, dass sie abgelöst wird.

Stadtrat Hacker streute dem neuen Patientena­nwalt im Vorfeld Rosen. Er sei überzeugt, dass Jelinek „die Rechte und Interessen von Personen in allen Angelegenh­eiten

des Gesundheit­swesens und Pflegebere­ichs bestens vertreten wird und gegebenenf­alls auch durchsetze­n kann.“Bei Pilz bedankte sich Hacker für ihr „unermüdlic­hes Engagement für die Anliegen der Patientinn­en und Patienten oder deren Angehörige­n im Pflege- wie Gesundheit­sbereich“. Sie habe niemals davor zurückgesc­heut, auf Mängel oder Missstände hinzuweise­n, betonte er.

Ärztekamme­r ist erfreut

Wohlwollen­d auf Jelineks Bestellung reagierte auch ein anderes, künftig für ihn wichtiges Gegenüber: die Wiener Ärztekamme­r. „Wir freuen uns auf die Zusammenar­beit mit Gerhard Jelinek, einem ausgewiese­nen Experten und hochangese­henen Juristen“, ließ Präsident Johannes Steinhart wissen. Vorschussl­orbeeren und Skepsis gab es aus der Opposition. Die FPÖ sieht den neuen Patientena­nwalt „grundsätzl­ich positiv“, er sei im Unterschie­d zu Pilz für den Job „fachlich qualifizie­rt“. Genau das zweifeln die Grünen an: Dass ein Jurist mit dem Schwerpunk­t Insolvenzr­echt mehr zähle als profunde Kenntnisse im Gesundheit­swesen, sei „mehr als verwunderl­ich“.

Ein wenig überrasche­nd war es schon. So sehr offenbar, dass zunächst ein anderer Name durch heimische Medien geisterte. Nicht von Gerhard Jelinek als neuem Wiener Patientena­nwalt war da zunächst die Rede – sondern von Udo Jesionek, dem 84jährigen einstigen Präsidente­n des Jugendgeri­chtshofs Wien.

Bald wurde die Falschmeld­ung aber korrigiert und der richtige Name bestätigt: Der 65-jährige Justizexpe­rte Jelinek wird als Nachfolger von Sigrid

Pilz Leiter der Wiener Pflege-, Patientinn­en- und Patientena­nwaltschaf­t.

Und das schon ziemlich bald, denn die kommende Funktionsp­eriode beginnt bereits mit 1. Juli. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre.

Der Jurist, nicht zu verwechsel­n mit dem österreich­ischen TV-Journalist­en gleichen Vor- und Nachnamens, hat sich vor allem als Präsident des Wiener Oberlandes­gerichts einen Namen gemacht. Vergangene­n November trat er aus dieser Funktion in den Ruhestand.

Nach seinem Jusstudium begann Jelinek seine Laufbahn 1984 als Richter in Wien. Bereits ab 1995 war er am Oberlandes­gericht Wien tätig, 2006 wurde er Senatspräs­ident, zwei Jahre später Vizepräsid­ent. Die Leitung des Gerichts übernahm der Zivilrecht­sexperte Anfang 2015 und übte sie bis zu seiner Pensionier­ung im Vorjahr aus. Besonders engagiert war er dabei für den Richterund Richterinn­enNachwuch­s und ausreichen­de Kapazitäte­n für die Justiz.

Der verheirate­te Vater dreier Kinder betätigt sich neben der Juristerei aber auch in einem anderen Feld sehr leidenscha­ftlich: Jelinek ist passionier­ter Musiker und verfasst eigene Texte zu den Melodien bekannter Hits – nicht selten gespickt mit kleinen Pointen für juristisch­e Auskenner. Erst vor einem Jahr stellte er als gerade scheidende­r Präsident im Festsaal des Obersten Gerichtsho­fs vor Live-Publikum seine zweite CD vor. Geprägt war der Auftritt an der Gitarre von Jelineks Branchen-affinen Coverversi­onen, aber auch von französisc­hen Chansons.

Laut dem zuständige­n Wiener Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat sich Jelinek in einem mehrstufig­en Hearingver­fahren gegen 23 andere Bewerberin­nen und Bewerbern durchgeset­zt – das Gesetz schreibt für die Position eine öffentlich­e Ausschreib­ung vor.

Jelineks Vorgängeri­n Pilz hatte sich nach zwei Funktionsp­erioden erneut beworben, kam aber nicht mehr zum Zug. Einst war sie für die Grünen im Wiener Gemeindera­t gesessen. Doch die Grünen sind nun Opposition.

 ?? F.: APA / H. Pfarrhofer ?? Gerhard Jelinek ist Jurist. Seine neue Stelle tritt er am 1. Juli an.
F.: APA / H. Pfarrhofer Gerhard Jelinek ist Jurist. Seine neue Stelle tritt er am 1. Juli an.
 ?? Foto: APA/Pfarrhofer ?? Ex-Gerichtspr­äsident Gerhard Jelinek wird neuer Wiener Patientena­nwalt.
Foto: APA/Pfarrhofer Ex-Gerichtspr­äsident Gerhard Jelinek wird neuer Wiener Patientena­nwalt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria