Ex-Richter wird Patientenanwalt
Gerhard Jelinek folgt in Wien auf Sigrid Pilz
Die Spekulationen haben sich bestätigt: Der 2021 pensionierte Ex-Präsident des Oberlandesgerichts Wien, Gerhard Jelinek, wird neuer Wiener Pflege- und Patientenanwalt. Das teilte das Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Dienstag mit – und bestätigte damit Medienberichte vom Montag. Am Donnerstag werde Jelinek auch persönlich vor die Presse treten, hieß es aus Hackers Büro.
Der 65-jährige Jelinek löst in seiner neuen Funktion Sigrid Pilz ab, deren Vertrag nach zwei Perioden à fünf Jahren nicht verlängert wird. Jelinek wird seine Stelle am 1. Juli antreten. Der Jurist hat sich laut Gesundheitsressort in einem mehrstufigen Hearingverfahren gegen 23 Bewerberinnen und Bewerber mit unterschiedlicher Qualifikation durchgesetzt. Darunter auch Pilz: Sie hat eine dritte Amtszeit angestrebt. Am Montag verlautbarte die frühere grüne Gemeinderätin schließlich, dass sie abgelöst wird.
Stadtrat Hacker streute dem neuen Patientenanwalt im Vorfeld Rosen. Er sei überzeugt, dass Jelinek „die Rechte und Interessen von Personen in allen Angelegenheiten
des Gesundheitswesens und Pflegebereichs bestens vertreten wird und gegebenenfalls auch durchsetzen kann.“Bei Pilz bedankte sich Hacker für ihr „unermüdliches Engagement für die Anliegen der Patientinnen und Patienten oder deren Angehörigen im Pflege- wie Gesundheitsbereich“. Sie habe niemals davor zurückgescheut, auf Mängel oder Missstände hinzuweisen, betonte er.
Ärztekammer ist erfreut
Wohlwollend auf Jelineks Bestellung reagierte auch ein anderes, künftig für ihn wichtiges Gegenüber: die Wiener Ärztekammer. „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Gerhard Jelinek, einem ausgewiesenen Experten und hochangesehenen Juristen“, ließ Präsident Johannes Steinhart wissen. Vorschusslorbeeren und Skepsis gab es aus der Opposition. Die FPÖ sieht den neuen Patientenanwalt „grundsätzlich positiv“, er sei im Unterschied zu Pilz für den Job „fachlich qualifiziert“. Genau das zweifeln die Grünen an: Dass ein Jurist mit dem Schwerpunkt Insolvenzrecht mehr zähle als profunde Kenntnisse im Gesundheitswesen, sei „mehr als verwunderlich“.
Ein wenig überraschend war es schon. So sehr offenbar, dass zunächst ein anderer Name durch heimische Medien geisterte. Nicht von Gerhard Jelinek als neuem Wiener Patientenanwalt war da zunächst die Rede – sondern von Udo Jesionek, dem 84jährigen einstigen Präsidenten des Jugendgerichtshofs Wien.
Bald wurde die Falschmeldung aber korrigiert und der richtige Name bestätigt: Der 65-jährige Justizexperte Jelinek wird als Nachfolger von Sigrid
Pilz Leiter der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft.
Und das schon ziemlich bald, denn die kommende Funktionsperiode beginnt bereits mit 1. Juli. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre.
Der Jurist, nicht zu verwechseln mit dem österreichischen TV-Journalisten gleichen Vor- und Nachnamens, hat sich vor allem als Präsident des Wiener Oberlandesgerichts einen Namen gemacht. Vergangenen November trat er aus dieser Funktion in den Ruhestand.
Nach seinem Jusstudium begann Jelinek seine Laufbahn 1984 als Richter in Wien. Bereits ab 1995 war er am Oberlandesgericht Wien tätig, 2006 wurde er Senatspräsident, zwei Jahre später Vizepräsident. Die Leitung des Gerichts übernahm der Zivilrechtsexperte Anfang 2015 und übte sie bis zu seiner Pensionierung im Vorjahr aus. Besonders engagiert war er dabei für den Richterund RichterinnenNachwuchs und ausreichende Kapazitäten für die Justiz.
Der verheiratete Vater dreier Kinder betätigt sich neben der Juristerei aber auch in einem anderen Feld sehr leidenschaftlich: Jelinek ist passionierter Musiker und verfasst eigene Texte zu den Melodien bekannter Hits – nicht selten gespickt mit kleinen Pointen für juristische Auskenner. Erst vor einem Jahr stellte er als gerade scheidender Präsident im Festsaal des Obersten Gerichtshofs vor Live-Publikum seine zweite CD vor. Geprägt war der Auftritt an der Gitarre von Jelineks Branchen-affinen Coverversionen, aber auch von französischen Chansons.
Laut dem zuständigen Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat sich Jelinek in einem mehrstufigen Hearingverfahren gegen 23 andere Bewerberinnen und Bewerbern durchgesetzt – das Gesetz schreibt für die Position eine öffentliche Ausschreibung vor.
Jelineks Vorgängerin Pilz hatte sich nach zwei Funktionsperioden erneut beworben, kam aber nicht mehr zum Zug. Einst war sie für die Grünen im Wiener Gemeinderat gesessen. Doch die Grünen sind nun Opposition.