Vorarlbergs Wallner geht in mehrwöchigen Krankenstand
Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) geht in einen mehrwöchigen Krankenstand. Meldungen über seinen Rücktritt dementiert sein Büro aber.
Bregenz – Markus Wallner, ÖVPLandeshauptmann von Vorarlberg, wird auf Anraten seiner Ärzte einen mehrwöchigen Krankenstand antreten. Die Belastungen der jüngsten Vergangenheit – darunter die Wirtschaftsbund-Affäre und die andauernde Corona-Pandemie – hätten der Gesundheit des Politikers derart zugesetzt, dass eine Auszeit unumgänglich sei.
Gerüchte, dieser Schritt könnte der erste eines folgenden Rücktritts sein, dementierte Wallners Büro umgehend. Er werde mit „voller Kraft“zurückkehren und weiterhin für Vorarlberg tätig sein. Die Amtsgeschäfte übernimmt bis zu seiner Rückkehr Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink. (red)
Seit Wochen läuft die Gerüchteküche in Vorarlberg auf Hochtouren. Thema Nummer eins: Tritt Landeshauptmann Markus Wallner zurück – und wenn ja, wann? Obwohl es nach einem Medienbericht am Mittwochmorgen zunächst danach aussah, als wäre dieser Punkt nun erreicht, dementierte der Sprecher der Vorarlberger Landesregierung die Meldung wenige Minuten später.
Dass sich Wallner in den nächsten Wochen zurückzieht, stimmt aber: Der Landeshauptmann geht auf Anraten seiner Ärzte in einen mehrwöchigen Krankenstand. Die Belastungen – die Pandemie und die Wirtschaftsbund-Affäre – hätten der Gesundheit stark zugesetzt. Das Wort Burnout nimmt niemand offiziell in den Mund, inoffiziell dürfte das allerdings die Diagnose sein. Aus dem Büro von Wallner heißt es jedenfalls klar, ein Rücktritt „zum jetzigen Zeitpunkt“sei ausgeschlossen. Man hoffe, Wallner sei nach der Sommerpause im September wieder zurück. Wallner selbst äußerte sich auf Facebook: Er werde nach dem mehrwöchigen Krankenstand „mit voller Kraft ins Amt zurückkommen und auch weiterhin für Vorarlberg Verantwortung tragen“.
Nachwehen einer Affäre
Aus der ÖVP – sowohl im Land als auch im Bund – folgten auf die Ankündigung Wallners rasch Genesungswünsche. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) betonte, die Gesundheit stehe über allem, auch über der Politik. Genesungswünsche kamen auch von den Grünen und aus der Opposition, die üblichen Rücktrittsrufe blieben aus. Und: Nicht alle sind restlos überzeugt von den Versicherungen, dass Wallner wieder zurückkehre. So sieht der Vorarlberger FPÖ-Chef Christof Bitschi im Krankenstand einen „ersten Schritt zur Seite“, das Land sei dadurch außerdem „führungslos“. Eine Kritik, die weder die ÖVP noch der Regierungspartner, die Grünen, auf sich sitzen lassen wollen. Die Regierung sei voll handlungsfähig. Abgesehen davon naht die Sommerpause: Regierungssitzungen gibt es in Vorarlberg nur noch etwa drei Wochen lang. SPÖChefin Sprickler-Falschlunger sieht dennoch einen problematischen Zeitpunkt, immerhin stehe man mit steigenden Corona-Zahlen und der Teuerung vor besonders herausfordernden Zeiten – ganz abgesehen von der Aufklärung der Wirtschaftsbund-Affäre.
Damit fällt das Stichwort, das Wallner überhaupt erst in seine schwere Krise gebracht hat: Seit Anfang des Jahres läuft im Vorarlberger Wirtschaftsbund, einer ÖVPTeilorganisation, eine Großbetriebsprüfung der Finanz. Diese hatte nicht nur Anzeigen wegen vorsätzlicher Abgabenhinterziehung bei der Organisation zur Folge, sondern auch Ermittlungen der Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Wallner, den derzeitigen Wirtschaftslandesrat und seinen Vorgänger und derzeitigen Obmann des Wirtschaftsbunds zur Folge – es gilt die Unschuldsvermutung.
Bei den Ermittlungen gegen Wallner geht es um den Vorwurf eines Managers, der Landeshauptmann habe selbst für Inserate im Magazin des Wirtschaftsbundes geworben – die Organisation nahm damit innerhalb von fünf Jahren mehr als vier Millionen Euro ein – und ein Entgegenkommen des Landes für die werbenden Unternehmen in Aussicht gestellt. Wallner wehrt sich vehement gegen diese Vorwürfe und bezeichnete sie mehrmals als Lüge.
Namen fallen
Abgesehen von den nicht in ausreichendem Maße oder gar nicht bezahlten Steuern und den Korruptionsvorwürfen offenbarte die Betriebsprüfung aber auch allzu unsauberen Umgang mit der Buchhaltung des Wirtschaftsbunds – so fand man dort Hinweise auf Spenden an das Rote Kreuz, bei der Organisation selbst seien aber nie welche eingetroffen. Auch wie sich die ehemaligen Direktoren am Reichtum der Organisation bedienten, sorgte für scharfe Kritik.
Und: Seit Jahren im Raum stehende Fragen der versteckten Parteienfinanzierung spülte die Großbetriebsprüfung an die Oberfläche. Erstmals musste die ÖVP öffentlich machen, wie viel Geld die Partei vom Wirtschaftsbund erhielt und wann. Demnach ist von 900.000 Euro seit 2014 die Rede. Die Finanzprüfer gehen aber von einem viel höheren Betrag aus.
Die Causa untermauert die Notwendigkeit für ein strengeres Parteienfinanzierungsgesetz, auf das sich ÖVP und Grüne schon Anfang des Jahres geeinigt hatten. Im Herbst soll das Paket umgesetzt werden. Herbst ist auch das Stichwort für einen möglichen Untersuchungsausschuss zum Wirtschaftsbund. Die Opposition will das Instrument U-Ausschuss im Landtag zunächst noch stärken lassen.
Sollte es sich tatsächlich um einen Rückzug auf Raten handeln, dürfte aber eine andere Personallösung als Schöbi-Fink getroffen werden. Immer wieder fällt in der Nachfolgefrage auch der Name von Andrea Kaufmann, die derzeit Bürgermeisterin in Dornbirn ist. Fix ist am Mittwoch eigentlich nur eines: Die Gerüchteküche im Ländle läuft auch über den Sommer weiterhin auf Hochtouren.