Internationale Finanzsanktionen
Als Reaktion auf die Krise in der Ukraine hat die EU umfassende Sanktionen gegen Russland verhängt.
Mit Wirtschaftssanktionen soll die Isolierung Russlands vom internationalen Finanzsektor gelingen. Die Sanktionen der EU werden als Teil eines ganzheitlichen und umfassenden politischen Ansatzes in „GASP-Beschlüssen“des Rates festgelegt. Diese bilden anschließend die Grundlage für eine Verordnung des Rates, in der der genaue Geltungsbereich der Maßnahmen und die Einzelheiten für ihre Umsetzung festgelegt wird. Als allgemeingültiger Rechtsakt sind Verordnungen für jede Person oder Organisation in der EU verbindlich. Die restriktiven Maßnahmen betreffen solche gegen Einzelpersonen, Wirtschaftssanktionen und diplomatische Maßnahmen. Mit den Wirtschaftssanktionen soll dafür gesorgt werden, dass Russlands Handlungen schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen und die russischen Möglichkeiten zur Fortsetzung der Aggression wirksam vereitelt werden.
So sind beispielsweise alle Vermögenswerte der russischen Zentralbank in der EU eingefroren und der Zugang Russlands zum europäischen Kapitalmarkt wurde stark beschränkt. Auch der Handel mit Wertpapieren (einschließlich Kryptowerten) wurde untersagt. Eine Vielzahl russischer Banken wurde aus dem Interbankenkommunikationssystem SWIFT ausgeschlossen. Diese können daher weder Fremdwährungen erhalten, noch Vermögenswerte ins Ausland transferieren. Zudem wurde ein Zurverfügungstellungsverbot von Euro-Banknoten sowie die Beschränkung der Zusammenarbeit mit dem Russian Direct Investment Fund angeordnet. Dadurch wurde der Zugang Russlands, seiner Regierung, der Zentralbank Russlands und bestimmter Banken und Unternehmen zum EU-Kapitalmarkt stark eingeschränkt.
Auf innerstaatlicher Ebene übt die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) im Bereich internationaler Finanzsanktionen die Funktion einer Behörde aus. Die OeNB ist in dieser Rolle etwa für die Kontrolle der Einhaltung sanktionenrechtlicher Maßnahmen im Finanzsektor, für die Erteilung von Freigabegenehmigungen
oder für die Erlassung spezifischer Sanktionsmaßnahmen gegen bestimmte Personen zuständig. Die gesetzliche Grundlage in Österreich bildet das Sanktionengesetz 2010 (SanktG 2010).
Die Finanzsanktionen wirken sich nicht nur unmittelbar, sondern auch mittelbar auf russische Bank- und Kreditinstitute aus, die (noch) nicht einmal von diesen erfasst sind. Als ein prominentes Beispiel ist hier die Sberbank Europe AG zu nennen, bei der es aufgrund der geopolitischen Entwicklungen zu massiven Liquiditätsabflüssen gekommen ist. Diese wurde aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten von der EZB als möglicherweise zahlungsunfähig eingestuft („failing or likely to fail“). In weiterer Folge wurde der Sberbank Europe AG in Österreich von der Finanzmarktaufsicht auf Anweisung der EZB die Fortführung des Geschäftsbetriebes untersagt, wodurch der sogenannte Einlagensicherungsfall ausgelöst wurde. Dies hat insbesondere schwerwiegende Folgen für die Anleger, deren Vermögen lediglich mit bis zu 100.000 Euro pro Person gesichert ist. Am 31.05.2022 wurde das sechste Sanktionspaket akkordiert, durch das auch die staatlich-russische Sberbank – die über einen Marktanteil von 35% verfügt, aus dem SWIFT-System ausgeschlossen wurde.