Sebastian Lakner, Uni Rostock
„Weniger Fleisch bedeutet mehr Ökolandbau“
Die Klima- und Biodiversitätskrise gehen weiter. Europa tue sich daher keinen Gefallen, Umweltziele kurzfristig zu verwerfen und extensive ökologische Landwirtschaft hintanzustellen, warnt Sebastian Lakner. Für den Agrarökonomen der Universität Rostock hat sowohl biologischer als auch konventioneller Anbau seine Berechtigung. „Beide Systeme lernen voneinander.“
Nur ihre potenziellen Erträge zu vergleichen greift für ihn zu kurz, da Landwirtschaft mit einem Bündel an Umweltleistungen verknüpft sei. Die geringere Ernte im Ökolandbau basiere zudem auch auf vielfach schlechteren Standorten. Betriebe im alpinen Raum haben sich der Bioproduktion abseits von Monokulturen stärker verschrieben als Ackerbauern im einfacher zu bewirtschaftenden Flachland.
Bio-Landwirtschaft komme ohne teuren mineralischen Dünger aus und schneide auch bei Dürren besser ab als konventioneller Anbau. Einen Freifahrtschein erteilt ihr Lakner dennoch nicht: Pläne, den Bio-Anteil der Agrarflächen in der EU bis 2030 zu verdreifachen, hält er für überambitioniert. „Keinem ist gedient, wenn der Markt nicht mitzieht, die Preise durch ein Überangebot an Bio zusammenbrechen und bestehende Betriebe gefährden.“
Was Gentechnik betrifft, seien in der Vergangenheit viele Fehler gemacht worden, bis hin zur starken Marktkonzentration weniger Saatgutkonzerne. Neue Züchtungsverfahren und Sorten bergen aus Lakners Sicht jedoch große Vorteile für Umwelt und Nachhaltigkeit. „Darüber gehört in Europa vorurteilsfrei diskutiert.“
Nicht aus der Pflicht entlässt der Ökonom Konsumenten in Industrieländern. Stellten diese ihr Ernährungsverhalten nicht um, werde das bestehende Agrarsystem einbetoniert. Politisch steuern lasse sich dies nicht – was es brauche, sei eine Bewusstseinsänderung. „Weniger Fleisch bedeutet mehr Biolandbau. Das ist der Punkt.“