Franz Sinabell, Wifo
„Bio lässt sich nicht verordnen, es wird von Nachfrage getrieben“
Krieg und Armut seien die stärksten Auslöser für Hungersnöte. Beides beschneide Ressourcen für die Lebensmittelproduktion, sagt Franz Sinabell, Agrarexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts. Österreich exportiere mehr, als es importiere, und könne sich der Verantwortung für andere Länder nicht entziehen.
Sinabell plädiert dafür, die Entscheidung zwischen intensiverer Landwirtschaft oder mehr Biolandbau dem Markt zu überlassen. Der Herbst werde weisen, wie viele Bauern in Agrar-Umweltprogramme einsteigen. „Bio lässt sich nicht verordnen, es wird von Nachfrage getrieben.“
Sinnbild für fehlgeleitete Agrarpolitik sei Sri Lanka. Das Land wollte als erster Staat der Welt nur auf Bioanbau setzen. Kunstdünger und Pestizide wurden verboten. Die Folge waren Ernteeinbußen, steigende Preise und Nahrungsmittelengpässe. Die Regierung zog die Reißleine. Der biologischen Landwirtschaft, deren Innovationen die konventionelle bereichern, dafür die Schuld zu geben, sei falsch, sagt Sinabell. Sri Lanka habe Dünger überstürzt verbannt, ohne dass sich Betriebe anpassen konnten. Der Verzicht auf Chemie sei nicht zuletzt auch eine Frage der Technik und Fertigkeiten.
Was Gentechnik betrifft, sieht der Ökonom Europa auf einem Sonderweg. In der Medizin sei diese erwünscht – bei der Ernährung formierten sich Volksbegehren gegen sie. Eine Gesellschaft müsse jedoch die Vorteile bedenken, die ihr durch diesen Widerstand versagt blieben.
Verfahren, die Gene in das Erbgut von Pflanzen übertragen, seien in der Lage, diese resistenter gegen Trockenheit zu machen oder Stickstoff besser zu verwerten, was den Bedarf an Dünger reduziert. „Ohne neue Technologien ist dies Zauberei, mit ihnen wird es denkmöglich.“Entscheidend sei, dass ihr Einsatz für Konsumenten transparent ausgeschildert werde.
Dass der zu hohe Fleischkonsum in Österreich von sich aus auf ein vernünftiges Maß sinkt, bezweifelt Sinabell. Staatliche Eingriffe ließen sich wie bei Zucker gesundheitlich argumentieren. Regulierend wirke der Preis: Erhalte die Welthungerhilfe mehr Geld, um Getreide aufzukaufen, verteuere sich diese, wodurch sich die Produktion von viel Fleisch nicht mehr lohne.